Man muss schon zwei Mal hinschauen, um es glauben zu können: In Harbin in Chinas nordöstlicher Provinz Heilongjiang eröffnete dieser Tage das "Polar Bear Hotel". Zwangsbewohner sind dort direkt im Innenhof eingesperrte Eisbären, auf die die Hotelgäste von ihren Unterkünften aus stieren können. 21 Zimmer mit Daueraussicht auf traurige Symbolträgers des Klimawandels: Noch etwa 20.000 Tiere leben laut jüngsten Schätzungen in den Polarregionen – und es werden immer weniger.

Fotos und Videoaufnahmen aus dem absonderlichen Hotel zeigen ein beengtes, mit künstlichen Felsen, aufgemaltem Schnee und Hartplastik-Eiszapfen dekoriertes Becken mit einer winzigen Lauffläche, die offenbar eine Eisscholle darstellen soll. Das mit Kunsteis bedeckte Hotel, das von außen wie ein riesiges Iglu aussieht und Tierschützer in aller Welt aufschreien lässt, ist Teil der stattlichen Aquariumanlage "Harbin Polarland".



"Lücken in Chinas Tierschutzgesetz erlauben es Unternehmen, Tiere auszubeuten, ohne sich um ihr Wohlergehen zu kümmern", erläutert das "China Animal Protection"-Netzwerk die Hintergründe. "Eisbären gehören in die Arktis, nicht in Zoos oder Glaskästen in Aquarien – und schon gar nicht in Hotels", ergänzt Jason Baker, Vizepräsident von Peta Asia. Eben dort, in der Arktis, durchstreifen sie Tausende von Kilometern in Einsamkeit und nicht ein paar Quadratmeter im früher oder später stumpfsinnigen Kreisgang. Wenn die Außentemperaturen und die Luftqualität es zuließen, dürften die Bären auch nach draußen, versuchen die Hotelbetreiber zu beruhigen.

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"Bei uns sind Eisbären 24 Stunden am Tag Ihre Nachbarn!", wirbt das 13-Millionen-Euro-Hotel, das sich mit Boykott-Aufrufen konfrontiert sieht: In erster Reihe mit dem Smartphone in der Hand einer in freier Wildbahn aussterbenden Gattung zuschauen – so will man dann Nachbarschaft nicht definiert wissen. Eine Spezies als pervertiertes Spektakulum in nicht artgerechte Umgebung zu sperren, dürfte jedenfalls nicht dazu dienen, Verständnis für ihre Bedürfnisse und ihre trübe Zukunft aufzubauen.

Nebenbei: Die Pandemie wird die Klimakrise nicht stoppen.