Der Export von sogenannten Nutztieren aus dem EU-Raum in Drittstaaten floriert. Das belegen etwa die Zahlen des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat). Das Wohl der Tiere bleibt dabei häufig auf der Strecke. Die Routen verlaufen nicht nur über Land (die Kleine Zeitung berichtete), sondern vermehrt über den Seeweg. Die Tierschutzorganisationen Animal Welfare Foundation (AWF) und Tierschutzbund Zürich haben diese Transporte im Zeitraum von 2014 bis 2017 beobachtet und zeigen in einem neuen Bericht Missstände auf den eingesetzten Schiffen auf.

Mehrere Millionen Schafe und Rinder exportiert die EU jedes Jahr in die Türkei, den Nahen Osten und Nordafrika - darunter auch Tiere aus Österreich. Waren es im Jahr 2013 noch weniger als 400.000 Rinder, die in diese Regionen exportiert wurden, so waren es im Vorjahr schon rund 700.000, über 260.000 davon waren alleine für die Türkei vorgesehen. Aber auch in Israel, dem Libanon, Ägypten, Jordanien oder Libyen steigt die Nachfrage nach europäischen Tieren. Lebende Tiere zu transportieren, ist meist billiger als Fleisch, das gekühlt werden muss. Der Bericht erwähnt zudem, dass das Vieh in den Zielländern auch zur Zucht, zur Mast oder zur Schlachtung nach speziellen Richtlinien importiert wird.

Ohne Schutz

Die EU-Verordnung 1/2005 sollte die Tiere eigentlich bis zum Erreichen der Destination schützen. Dies wird aber schon innerhalb der Union unterschiedlich streng umgesetzt und kontrolliert. „Nach der EU-Außengrenze haben die Tiere de facto keinen Schutz mehr“, erklärt Iris Baumgärtner von AWF die Problematik.

Noch schwieriger gestalten sich Kontrollen auf dem Seeweg. Diese sollen daher meist beim Einschiffen stattfinden. Die Tierschützer aber kritisieren, dass hier die EU-Richtlinien nicht weit genug gehen und dass diese in vielen Häfen nicht ausreichend umgesetzt würden. Tiere würden auf Frachtern transportiert, die durchschnittlich 35 Jahre alt und nicht dafür ausgelegt seien. Dadurch steige das Risiko für Verletzungen, die meist unbehandelt bleiben. Bei Transporten über Land sind Pausen vorgeschrieben, in denen die Tiere teils auch entladen werden müssen und so zumindest für kurze Zeit der Enge der Anhänger entfliehen können.

Die Tiere sind tagelang unterwegs - unter unerträglichen Bedingungen
Die Tiere sind tagelang unterwegs - unter unerträglichen Bedingungen © Lisa Graschl

Auch dies ist auf See nicht möglich, obwohl Reisezeiten von bis zu 15 Tagen dokumentiert sind. Oftmals leiden die Tiere unter Hitze, zu wenig Platz, mangelnder Hygiene sowie Futter- und Wassermangel. Immer wieder komme Vieh deshalb um. Haben die Tiere den Transport schließlich überstanden, würden sie oftmals ohne vorherige Betäubung geschlachtet.

Im Jahr 2014 hat die EU-Kommission das „Netzwerk-Dokument für Lebendtiertransporte“ erarbeitet - ergänzende Richtlinien für Transport, Verladung und Kommunikation zwischen einzelnen Staaten. Die Inhalte sind aber rechtlich nicht bindend und finden daher kaum Anwendung. Auch das prangert der aktuelle Bericht an.

Viele Tiere sterben bei den Transporten. Oft wird ihnen dann die Ohrmarke abgenommen bevor die Kadaver einfach ins Meer geworfen werden, um damit eine Rückverfolgung unmöglich zu machen.
Viele Tiere sterben bei den Transporten. Oft wird ihnen dann die Ohrmarke abgenommen bevor die Kadaver einfach ins Meer geworfen werden, um damit eine Rückverfolgung unmöglich zu machen. © Animal Welfare Foundation