
Mehr als 20.000 Schüler und Studenten sind österreichweit bei der internationalen Aktion "FridaysForFuture" am Freitag auf die Straße gegangen. Bei den Demos in fast allen Landeshauptstädten riefen die Teilnehmer die Politik zu mehr Anstrengungen beim Klimaschutz auf. Lobende Worte gab es von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "Ihr jungen Leute gebt mir Hoffnung", schrieb er auf Twitter.
In Wien starteten um 11.00 Uhr die Demozüge von fünf Treffpunkten aus. Die Routen waren so gewählt, dass sie unter dem Motto "Die Zukunft in die Hand nehmen" eine symbolische Hand formten und sich schließlich in deren Mitte, am Heldenplatz, zusammentrafen. Die Teilnehmer skandierten dabei Parolen wie "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut", "Climate Change Now!" oder "Alle meine Freunde streiken heut mit mir". Die Proteste gingen auch mit Schulstreiks einher.
Proteste in Kärnten und der Steiermark
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Am Heldenplatz zählte die Polizei dann 10.500 Teilnehmer, die Veranstalter sprachen gar von 25.000 Teilnehmern. "Mit 5.000 bis 6.000 haben wir insgeheim gerechnet, 10.000 haben wir uns erhofft und jetzt sind es mehr als 10.000", freute sich Organisator Johannes Stangl. Dank der großen Zahl erhofften die Organisatoren, mit ihren Forderungen nach mehr Klimaschutz politisch Druck machen zu können. "Wir verlangen nur, was die Staaten bei der Klimakonferenz in Paris versprochen haben", sagte Stangl. Am Montag treffen sie bereits Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). "Hier erhebt eine Generation ihre Stimme, für die der Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen essenziell ist. Unsere Türen sind jederzeit offen für die Anliegen", sagte die Ministerin.
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen richtete sich via Twitter an die Teilnehmer: Die Weltgemeinschaft stehe angesichts der Klimakatastrophe vor der größten Herausforderung in der Geschichte. "Ihr jungen Leute, Schülerinnen & Schüler & Studierende, gebt mir Hoffnung, dass wir diese große Herausforderung meistern können." Die Erwachsenen nahm das Staatsoberhaupt in die Pflicht. "Wir Erwachsene, Politikerinnen und Politiker müssen euch zuhören, denn es geht um eure Zukunft, um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder", schrieb Van der Bellen.
#FridaysForFuture: Wir als Weltgemeinschaft stehen angesichts der Klimakatastrophe vor der größten Herausforderung i.d. Geschichte d. Menschheit. Ihr jungen Leute, Schülerinnen & Schüler & Studierende, gebt mir Hoffnung, dass wir diese große Herausforderung meistern können. (1/2)
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) 15. März 2019
Einige Leute sagen, dass ich studieren sollte, um Klimawissenschaftlerin zu werden, damit ich die Klimakrise 'lösen kann'. Aber die Klimakrise ist bereits gelöst. Wir haben bereits alle Fakten und Lösungen. Alles, was wir tun müssen, ist aufzuwachen und uns zu verändern.
Greta Thunberg, schwedische Klimaaktivistin
Wie die Organisatoren im Vorfeld immer wieder unterstrichen, verlief der Protest völlig friedlich. "Wir sind nur mit Absperren beschäftigt", bestätigte auch Polizeisprecher Paul Eidenberger. Am Heldenplatz riefen die Veranstalter die Teilnehmer sogar dazu auf, keinen Müll zurückzulassen. Große Auswirkungen hatten die Klima-Demos unterdessen auf den ohnehin starken Freitagsverkehr in der Wiener City.
Große Proteste gab es auch in Bregenz, Innsbruck, Graz, Klagenfurt, Salzburg und Linz. In Bregenz waren rund 1.500 Schüler auf die Straße gegangen, in Innsbruck waren es gar 4.000. Etwa 1.000 Demonstranten waren es in Klagenfurt, in Graz 1.300 und in Linz mit 3.000 Teilnehmer deutlich mehr als erwartet. In Salzburg gingen bis zu 1.000 Manifestanten auf die Straße. Auch in Eisenstadt gab es einen - wenn auch kleinen - Protest mit 60 Teilnehmern.
Wir Kinder tun oft nicht das, was ihr Erwachsenen von uns verlangt. Aber wir ahmen euch nach. Und weil ihr Erwachsenen euch nicht für meine Zukunft interessiert, werde ich eure Regeln nicht beachten.
Greta Thunberg, junge Umweltschützerin
Der Schulschwänz-Paragraph im Schulpflichtgesetz sieht zwar vor, dass Schulleiter durchaus "geeignete Maßnahmen" setzen können, um Schulpflichtverletzungen hintanzuhalten - auch wenn sie unterhalb von drei Tagen liegen. In Betracht kommen aber zunächst nur Aufforderungen, Zurechtweisungen, die Erteilung von Aufträgen zur nachträglichen Erfüllung versäumter Pflichten bzw. Beratungs-und Belehrungsgespräche mit Schülern und Eltern. Erst bei groben oder wiederkehrenden Verfehlungen darf eine Verwarnung ausgesprochen werden.
Unterstützung erhielten die Demonstranten von nahezu allen Seiten. So äußerten sich die Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und die Liste JETZT positiv und kritisierten die Regierung ebenso wie die NGOs WWF, Global 2000 und Greenpeace. Auch die Caritas äußerte sich wohlwollend.
"Die Fakten sind so klar!"
In welcher Altersgruppe bewegt ihr euch bei Fridays for Future in Graz?
HELENE SEIDEL: Wir Hauptorganisatoren gehen alle in die 8. Klasse, sind also zwischen 17 und 18 Jahre alt. Andere Schüler und Schülerinnen bzw. Leute, die uns helfen, sind in ganz unterschiedlichen Altersgruppen. Die jüngsten sind etwa 14. Ein paar Erwachsene unterstützen uns ebenso immer wieder mit kleinen Aufgaben.
Was wollt ihr mit eurer Initiative und mit den Demos bewirken? Setzt ihr (euch) konkrete Ziele oder geht es vor allem um das Schaffen von Bewusstsein?
Primär geht es uns darum, auch aus Graz und Österreich ein möglichst großes Zeichen für den Klimaschutz zu setzen. Andererseits wollen wir Jugendliche, sowie Erwachsene zu dem Thema sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, wie wichtig das Thema ist und wie wenig Zeit uns bleibt, diese Krise halbwegs abzuwenden. Aber auch regional gibt es genug Dinge, die extremes Verbesserungspotenzial haben, um das freundlich auszudrücken. Wir haben viele konkrete Forderungen für Graz und Österreich ausgearbeitet, hierbei geht es um viele verschiedene Themen wie zum Beispiel die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, einen Klimanotstand in Österreich auszurufen, mehr Klimabildung in den Schulen, nachhaltige Mobilität, strengere Richtlinien für Unternehmen, autofreie Innenstadt etc. Trotzdem sollte da die Politik wissen, was zu tun ist, und das dann auch durchsetzen.
Es gibt schon viele Organisationen von Jugendlichen, die sich für Klima und Umwelt einsetzen. Wie seid ihr untereinander vernetzt?
Österreichweit stehen wir in engem Kontakt mit andern Städten, besonders mit Wien, aber auch Salzburg, Vorarlberg, Linz und allen anderen Teilnehmern und Teilnehmerinnen. In Graz selbst machen wir die Hauptorganisation zu viert, werden aber immer mehr den Rahmen auch für andere öffnen. Auch international geht viel weiter, beispielsweise ist gerade ein Wiener Kollege bei einem Treffen in Straßburg, um gemeinsam über die Zukunft von Fridays For Future zu reden. Organisation ist nicht so leicht, wenn man mit solch großen Events noch nicht wirklich Erfahrung hatte, aber man wird mit jedem mal besser und lernt dazu!
Ist Greta Thunberg so etwas wie Superheldin für euch?
Auf alle Fälle! Sie zeigt nicht nur uns Jugendlichen ganz klar was Mut und Engagement bedeutet, auch alle Erwachsene können sich eine Scheibe von ihrer Sachlichkeit, Direktheit und ihrem Durchhaltevermögen abschneiden. Superheldin klingt aber fast ein bisschen zu fiktiv dafür, dass sie sich in Wirklichkeit viel realistischer und realitätsnäher als die meisten Politiker verhält! Sie zeigt uns wie wichtig es ist, den richtigen Weg zu gehen, statt faul den einfachen Weg zu nehmen.
Was sagt ihr zu Kritikern, die meinen, die jungen Aktivisten wollen eher Schule schwänzen bzw. lassen sich im 2,5-Tonnen-SUV von den Eltern zu den Demos bringen?
Es wird immer uninformierte Leute geben, die etwas auszusetzen haben, egal was man tut. Es geht uns aber auch nicht darum, die Schule zu schwänzen, es geht darum, auch als Minderjähriger Aufmerksamkeit zu bekommen! Wir Jugendliche haben kein Geld, keinen wichtigen Job und keine großartigen Kontakte um durch diese Art zu erreichen was wir wollen, also müssen wir streiken, damit wir endlich ernst genommen werden!
Zögert die Politik zu lange und verspielt eure Zukunft?
Ja, sonst müssten wir ja nicht auf die Straße gehen! Es bleibt uns unfassbar wenig Zeit, das Blatt noch in die richtige Richtung zu wenden und ich kann persönlich nicht verstehen, wie man ein Thema wie den Klimaschutz, das schon seit Jahrzehnten wichtig ist, noch immer nicht ernsthaft behandeln kann. Für mich beweist das nur, dass auch die Erwachsenen Angst haben. Sie waren bisher nicht mutig genug, um für die richtige Sache aufzustehen, weil sie befürchten, das Thema kommt vielleicht bei Wählern nicht gut an. Deshalb schieben sie sehr emotionale, aber oft auch sehr unwichtige Kleinigkeiten vor, hängen diese an die große Glocke und hoffen so, die Wählerschaft zu besänftigen. Aber nicht mit uns, die Zeit der Ignoranz ist vorbei!
Hab ihr das Gefühl, dass das Thema Klima und Umwelt in Schulen ausreichend thematisiert wird?
Das kommt natürlich sehr auf die jeweilige Schule an. Meiner Meinung nach wird das Thema ziemlich gut behandelt, die Schule war für mich mitunter ein Grund wieso ich mich jetzt so für den Klimaschutz engagiere. Ich habe aber auch schon viele andere Beispiele gehört, von Lehrern, die das Thema selbst nicht ganz ernst nehmen und das auch so an die Schüler und Schülerinnen vermitteln. Das kann wirklich nicht sein! Die Fakten sind so klar! Es liegt nur an uns, sie ernst zu nehmen.
16.03.2019 um 09:54 Uhr
Wirtschaft
Aber wehe die Wirtschaft bricht ein. Aus meiner Erfahrung: Reales Beispiel, eine Firma geht gut, alle Mitarbeiter sind sich freund. Dann kommt die Firma in Schwierigkeiten und mit der Freundschaft war es vorbei. Jeder wollte seine Haut retten. Stimmen wurden laut, wer ist länger in der Firma und wer erst seit kurzem. Wer muss zuerst die Firma verlassen, wer gehört zu uns und wer nicht.
Der Klimawandel wird überbewertet, es gibt schlimmeres. Die Natur ist das Höhere und Stärkere, sie wird es richten.
Deshalb bin ich froh das die Wirtschaft noch funktioniert.
16.03.2019 um 22:15 Uhr
Seh ich nicht so
Der Klimawandel wird NICHT überbewertet. Denn: Ändert sich das Klima, ändert sich alles. Und das wird natürlich gravierende Folgen haben. Einige Lebewesen werden sich anpassen, vielleicht werden neue entstehen; andere wiederum werden von der Erde verschwinden - und da vermutlich auch der Mensch.
Somit stimmt eines: Die Natur wird es sich richten. Auch die Erde wird sich weiterhin drehen. Nur ohne Menschen und mit zum Teil neu entstandenen Arten.
17.03.2019 um 10:30 Uhr
Anpassung
Der Mensch ist das anpassungsfähigste Lebewesen aufgrund seines Verstandes.
18.03.2019 um 07:53 Uhr
Irrtum
Von "Verstand" kann man nicht wirklich sprechen, wenn man die Folgen dieses Konstrukts betrachtet: Umweltverschmutzung, Atommüll, Plastikmüll, Rückgang der Arten, Kriege, ...
Und: "Anpassungsfähig" ist der Mensch nicht; er gestaltet seine Umwelt auf Kosten der Ressourcen so, dass er überleben kann. Aber irgendwann bricht das alles zusammen, wenn man so weitermacht.
16.03.2019 um 09:34 Uhr
Ja stimmt!
Es gibt Ereignisse über die wir keinen Einfluss haben, sie stehen über uns, als etwas Höheres. Wenn es immer mehr Menschen gibt und Frieden bewahrt wird kommt es automatisch zum Rückgang des Wohlstandes. Aber es ist eine gefährliche Situation, weil es ins unfriedliche umschlagen könnte.