Ikonische Bilder, die sich der Menschheit zum allerersten Mal zeigten: Der 21. Juli 1969 (mitteleuropäische Zeit) brachte nicht nur den ersten Menschen zum Mond, er brachte durch eine Kraftanstrengung in der Übertragungstechnik auch den Mond zu den Menschen. Weltweit verfolgten bis zu 600 Millionen Zuseher vor den Fernsehern die Reise der modernen Helden zum Erdtrabanten. Was sie sahen, zunächst mit geringem Kontrast, später in deutlicheren Aufnahmen, war einmalig und zugleich unverständlich: Moderatoren und Experten erklärten mit Attrappen und Grafiken in stunden-, ja tagelangen Sendungen die Ereignisse im All. Das perfekte TV-Ereignis, mit Bildern, die sich im kollektiven Gedächtnis der Menschheit verankerten.

Für den ORF waren Peter Nidetzky und Hugo Portisch im Einsatz. Einquartiert in den ehemaligen k. u. k. Affenstallungen in Schönbrunn (das ORF-Zentrum am Küniglberg war noch in Bau), berichteten sie gemeinsam mit OthmarUrban (1930–2017) und Experte Herbert Pichler (1921–2018). Letzterer war eigentlich Mediziner und blieb als „Mond-Pichler“ in Erinnerung (Nidetzky: „Wir haben ihn Hals-, Nasa-, Ohrenarzt genannt“). Insgesamt blieb das Team 28 Stunden und 18 Minuten pausenlos auf Sendung. ABC, CBS und NBC beendeten die Übertragung erst nach 31 Stunden. Gering scheint da der Vorteil der australischen Sender, die aufgrund der Übertragung die Livebilder vom Erdtrabanten rund 0,3 Sekunden vor den Amerikanern sahen.

Dabei hätte die Sendezeit durchaus kürzer sein können: Nach der Landung des „Eagle“ kurz vor 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit dauerte es noch Stunden, bis Armstrong und Aldrin den Mond betraten. „Erst viel später ist man draufgekommen, dass die Astronauten in der Primetime des US-Fernsehens aussteigen sollten. Aber wir haben dadurch wieder sechs, sieben Stunden verloren, in denen wir nicht gewusst haben, was wir machen sollen“, erzählt Nidetzky, damals 29, launig.

Die TV-Sender ließen sich nicht lumpen: Die ARD baute in Köln die Mondfähre originalgetreu nach, jedes kleine Knöpfchen wurde berücksichtigt, um den Zusehern authentische Bilder liefern zu können. Auch das ZDF gab sich keine Blöße, baute den Kommandostand nach (allerdings ohne Knöpfe) und ließ eigens alle Apollo-Armaturen fotografieren und in der Attrappe aufkleben. Dazu erstellten die Mainzer eine aus Fotos montierte Mondkarte mit beachtlichen Maßen (acht mal drei Meter) und präsentierten vor dem Studio eine originale V-2-Rakete. Der damals amtierende WDR-Chefredakteur FranzWördemann war schon vor der Mondlandung sicher, es mit „einem der entscheidendsten Tage unseres Jahrhunderts“ zu tun zu haben. Er lag mit seiner Einschätzung nicht falsch.

Der ORF präsentiert ein intensives Mond-prorgamm mit rund 60 Sendungen. Im Bild: Othmar Urban, Peter Nideztky, Herbert Pichler, Hugo Portisch.
Der ORF präsentiert ein intensives Mond-prorgamm mit rund 60 Sendungen. Im Bild: Othmar Urban, Peter Nideztky, Herbert Pichler, Hugo Portisch. © ORF

Teil der intensiven Vorbereitung war auch die Berücksichtigung aller Eventualitäten: Das amerikanische CBS-Netzwerk hatte sendungsbereite Nachrufe für Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins vorbereitet. Auch Herbert Pichler war zweifach gewappnet: Für sein Buch „Die Mondlandung“ schrieb er zwei Versionen: eine, in der die Reise gelingt, und eine, in der es zu einem tödlichen Unglück kommt. Dieses Vorgehen sollte ermöglichen, das Buch möglichst rasch nach dem Jahrhundertereignis auf den Markt zu bringen.

Es ist eine bittere Fußnote der Geschichte, dass von den mehr als 28 Stunden der ORF-Sendung nur 19 Minuten erhalten blieben. Und auch die Hoffnung, die Mondlandung wäre nur Auftakt zu neuen All-Übertragungen, blieb unerfüllt. „In Wahrheit geht es viel langsamer weiter, als wir geglaubt hatten“, sagte Portisch kürzlich. Aber er wäre bereit: „Die Marslandung möchte ich jederzeit wieder im ORF kommentieren.“