Nach dem folgenschweren Gasleck in einer Chemiefabrik im Osten Indiens hat eine wütende Menge die Leichen von einigen der Todesopfer in das Werk gebracht und dessen Schließung gefordert. Etwa 300 Demonstranten drängten sich am Samstag an Polizisten und Wachleuten vorbei in die Anlage. Auf Karren schoben sie die verhüllten Leichen von drei Unglücksopfern, deren Füße aus schwarzen Tüchern ragten.

Bei dem Chemieunfall in Viskhapatnam im Unionsstaat Andhra Pradesh waren am Donnerstag zwölf Menschen ums Leben gekommen, darunter mindestens drei Kinder. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt, Dutzende von ihnen wurden am Samstag noch im Krankenhaus behandelt. Zahlreiche Menschen verloren bei dem Versuch, vom Unglücksort zu fliehen, das Bewusstsein. Die Behörden richteten eine Evakuierungszone rund um das Chemiewerk ein.

Die Demonstranten forderten nun in Sprechchören Gerechtigkeit für die Unglücksopfer und die Schließung der Fabrik des südkoreanischen Konzerns LG Chem. Einige Angehörige der Todesopfer standen weinend in der Nähe. Schließlich wurde die Menge von Sicherheitskräften zurückgedrängt. Die Lage sei nun "unter Kontrolle", erklärte der Polizeichef von Andhra Pradesh, Gautam Sawang.

Umgerechnet 5,7 Millionen Euro Strafe

Die indischen Behörden haben wegen des tödlichen Unglücks Ermittlungen eingeleitet. Indiens Umweltgericht verhängte bereits eine vorläufige Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 5,7 Millionen Euro gegen LG Chem.

Nach Polizeiangaben war das Chemiewerk wegen der landesweiten Corona-Ausgangsbeschränkungen verlassen gewesen. Daher sei wegen der unbemerkten Überhitzung eines Tanks das Gasleck aufgetreten. LG Chem beteuert, das Werk sei zwar zum Unglückszeitpunkt außer Betrieb gewesen, es sei aber Personal zur Überwachung der Anlage an Ort und Stelle gewesen.

Das Unglück erinnert an eine der schwersten Industriekatastrophen der Geschichte, die sich ebenfalls in Indien ereignete: Beim Austritt von giftigem Gas in der Stadt Bhopal wurden 1984 etwa 3.500 Menschen getötet. Tausende weitere starben in den folgenden Jahren an gesundheitlichen Schäden, die sie bei der Katastrophe erlitten hatten.