Von seinem Büro im Regierungspalast in Triest blickt Regionspräsident Massimiliano Fedriga direkt hinunter auf die Hafenmole, wo gerade alles Autos von den Parkplätzen weichen müssen, weil gleich ein Keuzfahrtschiff anlegen wird.

Im Venedig sind vorerst alle Kreuzfahrtschiffe verboten, nun legen wöchentlich drei große Schiffe in Triest an, zuletzt außerdem zugleich zwei in Monfalcone. Wie nutzt man diese Chance?

MASSIMILIANO FEDRIGA: Natürlich ist das eine große Chance für die Häfen Triest und Monfalcone und die gesamte Region, aber man muss die Synergien suchen. Triest wächst nicht, wenn Venedig in der Krise steckt, denn Venedig zieht viele Besucher an. Hier kommt die Eisenbahn von Triest und Venedig ins Spiel. Aber warum sollen die Passagiere von Triest aus mit dem Zug nicht auch Kärnten oder die Steiermark besuchen?!

 Wie läuft die Sommersaison an der Oberen Adria und wie sicher ist der Urlaub in Grado und Lignano?

In Grado und Lignano haben wir eine sehr gute, die Hotels erreichen bis zu 90 Prozent der Auslastung vor Corona. Das   Wichtigste für einen sicheren Urlaub an der Adria ist, geimpft zu sein. Natürlich schauen wir, dass alle Richtlinien zum Schutz vor Corona wie Maskenpflicht bei Indoor-Events befolgt werden.

Wie weit ist das Tourismuspersonal durchgeimpft?

Die Mehrheit des Personals ist geimpft, aber es bleibt eine individuelle Entscheidung. Die Sensibilität für das Impfen ist sehr hoch, auch beim Schulpersonal, sodass wir eine starke Beteiligung erwarten.

Derzeit bereitet aber auch in Friaul-Julisch Venetien ein neues Ansteigen der Infektionen Sorge.

Wie in Österreich steigen auch bei uns die Fälle, gottseidank aber gering und auch nicht bei Krankenhaus- oder Intensiv-Fällen. Ich habe aber früh darauf gedrängt, dass der Grüne Pass auch in Italien zum Beispiel für Stadien und Diskotheken gelten soll, also mit Zugangesbeschränkungen, aber nicht für Geimpfte.

Über 50 Prozent der Bewohner der Region sind zwei Mal geimpft. Wie bringen Sie auch die jungen Leute dazu, sich impfen zu lassen?

Wir machen gerade eine Informationskampagne über die Vorteile der Impfung, denn impfen heißt, sich selbst und andere zu schützen. Auch die Jungen sollen mehr der Wissenschaft vertrauen, als gewissen Meldungen in den Social Media.

In Tarvis gab es jüngst eine Impfaktion  mit Preisnachlass auf allen Seilbahnen in Friaul als  Belohnung für jeden, der sich impfen lässt. Zog das?

Es gibt eine 50-Prozent-Ermäßigung für die Tageskarten auf allen Seilbahnen in Friaul. Das soll aber nur eine zusätzliche  Anregung sein, damit sich die Menschen impfen lassen. Aber sie sollen es tun, weil es die einzige Möglichkeit ist, die Pandemie zu überwinden. Die ganze Welt muss weiter vorsichtig sein, aber die Impfungen sind sehr effizient besonders gegen schwere Krankheitsverläufe. Bei fortschreitendem Impfplan wird es weniger Krankenhaus-Fälle geben und Covid 19 wird zu einer stärkeren Grippe mutieren. Wichtig ist, dass die hoch entwickelten Staaten die ärmeren Länder mitnehmen, in Afrika ist die Impfrate erst bei einem Prozent.

Wie hoch ist der wirtschaftliche Corona-Schaden in der Region?

Der Schaden ist wie überall auf der Welt sehr hoch. Aber Friaul-Julisch Venetien hat es als einzige Region in Italien geschafft, dass die Arbeitslosenzahl jetzt nicht mehr höher als vor der Pandemie ist. Wir haben mit einer Reihe von Hilfen die Unternehmen unterstützt, sich zu modernisieren, besonders für Bau- und Tourismusinvestitionen.

Regionspräsident Massimiliano Fedriga mit neuen Logo: Io sono Friuli Venezia Giulia
Regionspräsident Massimiliano Fedriga mit neuen Logo: Io sono Friuli Venezia Giulia © Winkler

Wie stellt sich der Tourismus- und  Agrarsektor  in Friaul-Julisch Venetien neu auf?

Mit Innovation und einer neuen Marke. Wir haben gerade ein neues Logo entwickelt: Io sono Friuli Venzia Giulia – ich bin Friaul-Julisch Venetien. Es steht für gesamten Agrarsektor und die Gastronomie der Region als weltweite Marke für unsere nachhaltigen regionalen Produkte und als Qualitätsmarke für unsere Tourismusbetriebe. Es wird ein stimmungsvolles, freundliches Merchandising geben, das auch die Leute gerne tragen werden. Auch wird es in allen Supermärkten Abteilungen unter diesem Logo geben. Ziel ist außerdem, die Produkte auch weltweit über Internet zu verkaufen. Bei den Hotels fördern wir Innovation und Qualität, denn unsere Region ist nicht für Massentourismus gedacht. Alle, die in Grado, Lignano oder Tarvis  urlauben, sollen auch das Umland entdecken, die Sportmöglichkeiten, Kultur und Kulinarik. Wir wollen auch unsere Weingebiete touristisch stärker entwickeln, ähnlich wie die Franciacorta-Region. Die Gäste sollen im Collio auch die Weinproduktion kennenlernen, wie nachhaltig hier gearbeitet wird und was hinter der Erzeugung steckt.

Startet auch der Flughafen Ronchi neu durch?

Nach Flügen nach Rom und Süditalien werden bereits auch wieder einige Auslandsdestinationen angeflogen.

Als derzeitiger Vorsitzender aller Regionspräsidenten Italiens reden Sie ein gewichtiges Wort mit bei der Aufteilung der EU-Milliarden aus dem Recovery Fonds. Wie gut läuft sie mit Mario Draghi in Italien an?

Mit der früheren Regierung Conte war eine Abstimmung zwischen Rom und den Regionen nicht möglich. Jetzt läuft es viel besser und alle Regionen sind involviert. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass der Recovery Fonds eine Aufnahme von Schulden gegenüber Europa ist und daher muss das Geld gut und sorgsam investiert werden, um mit Innovation aus der Pandemie herauszukommen. In Italien muss man dafür an Reformen arbeiten und die starre Bürokratie lockern.

Apropos Europa: Wie haben Sie Italiens Triumph bei der Fußball-Europameisterschaft gefeiert? Mit Brian Cristante hat auch ein Spieler aus Friaul einen Elfmeter gegen England verwandelt.

Ich  fieberte beim  Finale zu Hause mit, gemeinsam mit  meiner Frauen und meinen beiden Kindern, die – (lacht) - allerdings vor dem Elfmeterschießen einschliefen. Es war ein Sieg des gesamten Teams für ganz Italien.

Wie hielten Sie bei den geschlossenen Grenzen die Kooperation mit den Alpen-Adria-Nachbarn aufrecht?

Mit Kärnten haben wir auch im Lockdown bei allen Themen der Euroregio und der Pandemien sehr eng zusammengearbeitet. Landeshauptmann Peter Kaiser als derzeitiger Präsident der Euregio hat, gemeinsam auch mit Slowenien und Istrien, auch die ersten Kooperationen mit Trentino und Südtirol geknüpft.

Wo werden Sie selbst mit Ihrer Familie Urlaub machen?

Natürlich in Friaul, aber ganz nahe bei Kärnten: in Tarvis. Meine Familie ist schon dort und hat schon die Tarvis Card und die Kärnten Card. Ich werde sicher einige Ausflüge nach Kärnten machen. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwo am Wörthersee oder am Lussari.