Pro

Kinder haben Einschränkungen zum Schutz der Älteren monatelang mitgetragen. Nun sollten wir einen Schutzwall für die Kinder errichten – in Form der Impfung als Voraussetzung bei Neuanstellung im Bildungsbereich. Christiane Teschl-Hofmeister, Landesrätin für Bildung und Soziales in Niederösterreich

Die Impfung ist der wichtigste Trumpf in unseren Händen im Kampf gegen die Pandemie. In allen Arbeitsbereichen mit engem Kontakt zu vulnerablen Personengruppen wie in Pflegeheimen, haben wir die positiven Auswirkungen der Impfbereitschaft deutlich gespürt. Deshalb ist es wichtig, eine ernsthafte, wertschätzende Diskussion auf Augenhöhe über die Impfung als künftige Voraussetzung für Neuanstellungen in Bereichen wie Schulen und Kindergärten zu führen.

Die Lehrerinnen und Lehrer haben in dieser Pandemie extrem viel geleistet. Sie haben sämtliche Vorschriften befolgt, Hygienebestimmungen eingehalten, das Distance Learning organisiert, Testkonzepte umgesetzt und zu einem großen Teil freiwillig vom Impfangebot Gebrauch gemacht. In Niederösterreich gehen wir im Bereich des Bildungspersonals von einer Durchimpfungsrate von bis zu 80 Prozent aus. Das ist eine großartige Zahl, die deutlich macht, wie hoch die Impfbereitschaft ist. Jetzt geht es darum, sicherzustellen, dass wir auch bei Neueintritten in das Bildungssystem diese Bereitschaft zur Mithilfe im Kampf gegen die Pandemie voraussetzen und damit weiter beibehalten, um so gemeinsam einen Schutzwall für unsere Kinder zu errichten. Kinder sind in diesem System jene Personengruppe, die sich nicht aus eigenem Entschluss mittels Impfung schützen kann. Allen anderen kommt eine besondere Schutzpflicht zu.

Ich bin davon überzeugt, dass sich jene Menschen, die einen Beruf in dem sensiblen Bereich ergreifen, bewusst dafür entscheiden, Kindern und Jugendlichen beim Start ins Leben umfassend zu helfen, sie zu unterstützen, zu beschützen. Dazu sollte die Bereitschaft zählen, sich zum eigenen sowie zum Wohle der anvertrauten Kinder, die sich selbst noch nicht umfassend schützen können, gegen das Virus impfen zu lassen.
Wir haben als Gesellschaft in der ersten Phase der Pandemie alle Kräfte gebündelt, um die älteren Menschen in unserem Land bestmöglich zu schützen. Unsere Kinder und Jugendlichen haben die Einschränkungen und Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitmenschen monatelang mitgetragen, haben etwa ihre Großeltern und Freunde nicht besucht, auf Hobbys verzichtet und von zu Hause gelernt. Jetzt sollten wir die gleiche Kraftanstrengung für unsere Kinder aufbringen und alles tun, um die Jungen, die sich nicht impfen lassen können, besonders gut zu schützen.
Für uns alle gilt: Wer sich impfen lässt, hilft aktiv mit, jene Mitmenschen zu schützen, für die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Impfung in Frage kommt.

Kontra

Die Impfung sollte kein Zwang werden müssen,
sondern eine Selbstverständlichkeit. Denn eine
hohe Durchimpfungsrate verspricht unseren Kindern und
Jugendlichen ein Schuljahr des sozialen Miteinanders. Elisabeth Meixner, steirische Bildungsdirektorin

Verantwortungsträger unternehmen intensive Anstrengungen, das Ende der Pandemie und die nachhaltige Rückkehr zu unserem gewohnten Leben herbeiführen. Dieses viel zitierte „Licht am Ende des Tunnels“ aufgrund des Impffortschritts und der beinahe flächendeckenden Testungen lassen hoffen. 2020/21 zählte bereits zum zweiten Schuljahr, das von der andauernden Pandemie überschattet war. Für 141.000 steirische Schüler und rund 16.000 Lehrer war das Jahr geprägt von ihnen bisher unbekannten Umständen.

Der Kit für das dennoch gelungene Schuljahr war der Zusammenhalt und Fleiß von Direktoren, Lehrern und Eltern. In kürzester Zeit wurden unsere Schüler mit MNS, FFP2 Masken, Desinfektionsmittel und Millionen von Tests versorgt. Wer über unsere Schüler von einer verlorenen Generation spricht, der irrt. Verzicht, Selbstorganisation, ein Zuwachs an digitaler Kompetenz, die Sehnsucht nach Begegnung, das Verhalten in einer Krise und vieles mehr sind lehrreicher Teil der Entwicklung unserer jungen Menschen. Geprägt war die Zeit gleichsam von Isolation, Sehnsucht nach Freunden, zahllosen Stunden vor dem Computer und der steten Ungewissheit, wie es in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten weitergehen würde. In der Wissenschaft schaffende Menschen haben ein Meisterstück vollbracht. Wir erinnern uns an den ersten Stich in den Oberarm eines angesehenen Arztes im Licht des Scheinwerfers. Ein Impfstoff gegen dieses gefürchtete Virus, das zum Tod von so vielen geliebten Müttern, Vätern und Großeltern geführt hatte, ist erfunden. Gefolgt von der Neiddebatte und Zwiespalt um das Erfundene, erreichte uns eine öffentlich wankelmütige Diskussion. Wer zuerst? Welcher Impfstoff? Welche Nebenwirkungen? Der Sommer verleitet zur Normalität. „Am Ende gilt doch nur, was wir getan und gelebt – und nicht, was wir ersehnt haben“ – dieser Sinnspruch Arthur Schnitzlers gilt, wenn wir uns nach dem Ende der Pandemie sehnen. Dank an das Land Steiermark für die Impfaktion für das Bildungspersonal, frühzeitig. Die Impfung sollte nicht zum Zwang werden müssen, sondern eine Selbstverständlichkeit sein, aus Dankbarkeit und Solidarität unter Menschen. Eine hohe Durchimpfungsrate verspricht unserem wertvollsten Glied der Gesellschaft, unseren Kindern und Jugendlichen zumindest ein Schuljahr des sozialen Miteinanders, der Begegnung, des sich Umarmen Könnens, des Austausches und der Bildung unter Gleichaltrigen in unseren Bildungsstätten.