Als die Corona-Infektionen im Herbst des Vorjahres stark anstiegen, konnte die Firma HG Lab Truck hat mit einem attraktiv wirkenden Angebot die Tiroler Landesregierung überzeugen und erhielt einen lukrativen Auftrag. Die Firma des Wiener Urologen Ralf H., die im September 2020 einen Firmensitz in Kirchberg in Tirol eröffnete, sollte einen großen Teil der PCR-Test durchführen und auswerten.

Seither wurden im Bundesland mehr als 430.000 dieser PCR-Tests durchgeführt. Laut "Standard" stammt etwa die Hälfte aus den mobilen Labor der Firma HG Lab Truck. Doch es ist unklar, wie und unter welchen Bedingungen diese Testergebnisse zustande kamen. Denn die Firma HG Lab Truck stellte zwar mobile Labors zur Verfügung, habe aber selbst keine Expertise in der Durchführung und Interpretation der Tests gehabt. Deshalb wurden zumindest zwei Kooperationen von Ralf H. angegeben. Ein Labor in Deutschland habe zwar Kontakt mit H. gehabt, aber offenbar keinen einzigen Test ausgewertet und auch kein Geld bekommen. Die andere Zusammenarbeit sollte mit dem Salzburger Unternehmen Procomcure Biotech bestehen. Doch dieses habe die Zusammenarbeit mit HG Lab Truck bereits im November eingestellt, weil sie kein Geld bekommen habe und weil die Idee, mit der die HG Lab Truck überzeugen konnte, ursprünglich von ihnen stamme. Millionenforderungen sind offen, ein Verfahren gegen die HG Lab Truck ist anhängig.

Millionenforderungen, Berufsverbot, Betrugsverdacht

Wer die Tests der HG Lab Truck nun ausgewertet hat, bleibt unklar. H. selbst habe als Urologe nicht die Befähigung dazu. Zudem darf der Mediziner laut Ärztekammernicht mehr praktizieren. Aufgrund einer von der Disziplinarkommission für Wien verhängten einstweiligen Maßnahme sei er derzeit nicht zur ärztlichen Berufsausübung berechtigt. Am Freitag muss sich der Urologe am Wiener Straflandesgericht wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung mit Dauerfolgen und des schweren Betrugs verantworten. Er soll zwischen 2013 und 2017 fünf
Männer, die sich wegen Erektionsproblemen zu ihm in Behandlung
begeben hatten, falsch diagnostiziert und in weiterer Folge bei den
Patienten gefäßchirurgische Eingriffe vorgenommen haben, die nicht
dem Stand der Wissenschaft entsprachen. Die Männer sollen dauerhaft impotent sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Vor drei Jahren kam er wegen eines von ihm propagierten Wundermittels u.a. gegen Krebs und Autismus in die Schlagzeilen - ohne wissenschaftliche Belegung, wie die "ZiB2" berichtete. Eine Verwaltungsstrafe war die Folge, der Mediziner hat dagegen Einspruch erhoben. Eine letztgültige Entscheidung steht noch aus.

Die Liste Fritz prangerte die Causa zuletzt an und erhob Vorwürfe gegen die Tiroler Landesregierung. In einer Aussendung heißt es: "Wie wir mit unserer schriftlichen Landtagsanfrage an Landeshauptmann Platter und Landesrat Tilg aufgedeckt haben, hat das Land Tirol einen Urologen zum Virologen gemacht. Mehrere Millionen Euro Steuergeld haben Platter, Tilg und Co. als Auftrag an die übergeordnete HG Pharma vergeben, ohne eine Ausschreibung durchzuführen, ohne den Tiroler Landtag darüber abstimmen zu lassen. Die Pandemiesituation darf nicht für alles als Ausrede herhalten." Platter, Tilg und Co. hätten sich von "einer Hochglanzbroschüre, von gutem Marketing und einem grenzwertig niedrigen Einzelpreis pro PCR-Test blenden lassen", heißt es.

Tatsächlich soll das Auftragsvolumen rund acht Millionen Euro betragen haben. Der Vertrag mit der HG Lab Truck läuft noch bis zum Sommer. Laut "Standard" hätten in Tirol ansässige Labors die Tests auch durchführen und auswerten können. Dies wurden offenbar aber nicht gefragt. Die Tiroler Landesregierung wehrt sich gegen die Vorwürfe und verweist auf die damalige Situation. Bei rapide ansteigenden Infektionszahlen stieg auch der Druck, das Angebot der HG Lab Truck "war geeignet, in der Pandemiesituation dem Land zu gewährleisten, dass PCR-Laborbefunde innerhalb kürzester Zeit mit entsprechender Qualität und in Zusammenarbeit mit weiteren externen Partnern wie etwa der Rettungsdienst Tirol GmbH insgesamt ökonomischer und flexibler als die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Abläufe zur Verfügung gestellt werden."

Die Liste Fritz fordert Landeshauptmann Platter und Landesrat Tilg dazu auf, den Vertrag mit der HG Pharma nicht weiter zu verlängern. Über mögliche personelle Konsequenzen in der Landesregierung ist nichts bekannt.