Walter Hasibeder ist neuer Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin, und Leiter der Intensivmedizin Zams in Tirol. Bei ihm werde am Krankenhaus erst seit kurzem sequenziert, "aber die Erkrankungen, die wir jetzt haben", so der Mediziner, seien alle verursacht durch die britische Virusvariante.

In der ersten Welle habe man Patienten mit einem Alter von 62 Jahren gehabt, in der zweiten Welle waren es 72 Jahre, also zehn Jahre älter. Die Patienten in der 2. Welle hatten etwas mehr Vorerkrankungen wie arteriellen Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Es habe sich auch die Sterberate ganz massiv verändert gehabt. In der ersten Welle hatte man eine Intensivmortalität von 12,5 Prozent, in der zweiten Welle von 36 Prozent, also eine Verdreifachung. "Das war unserer Meinung nach nicht erklärbar durch das höhere Alter und die Vorerkrankungen, die Patienten waren trotzdem im Durchschnitt sehr gut leistungsfähig. Also haben wir schon in der zweiten Welle vorwiegend die britische Variante als Infektionsverursacher gehabt. Ansteckender und tödlicher."

Osterruhe nicht ausreichend

Angesprochen auf den sechstägigen Lockdown, der ab Donnerstag im Osten Österreichs in Kraft tritt, um die Intensivstationen zu entlasten, meint Hasibeder: "Ich bin kein Epidemiologe, aber ich glaube nicht dass das ausreichend ist. Ich glaube es ist schon wieder zu wenig strikt, was man da durchführt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man bei einem Sechs-Tage-Lockdown bei dieser Inzidenz von Infektionszahlen, die wir momentan haben, die Infektionszahlen wirklich massiv runterbringen."

Ein Zeitraum, der ihm sinnvoll erscheinen würde, wären 14 Tage. "Ich glaube, man muss 14 Tage wirklich einen harten Lockdown durchführen, und dann gehen die Infektionszahlen aber auch wirklich wieder hinunter und die Intensivstationen sind entlastet." Im Osten sei die Lage derzeit ja sehr angespannt. Er sähe den Kollegen, wie den Intensivmedizinern Klaus Markstaller vom AKH und Thomas Staudinger von der MedUni Wien an, wie belastet sie sind im Moment und wie es da zugehe teilweise.

Vermehrt junge Menschen

Das läge zum einen an der britischen Variante, zum anderen daran, dass Menschen sich nicht an die Regeln halten würden. "Das Problem ist, dass eine Gefahr, die man nicht unmittelbar erkennt, für die meisten Menschen, die in der Medizin tätig sind und sehen, was wir sehen, im Krankenhaus und auf der Intensivstation, einfach nicht existent ist. Jeder vergisst, dass er der nächste Infizierte sein kann." Von seinen Kollegen im Osten wüsste er, dass zunehmend auch junge Menschen auf die Intensivstationen kommen würde, denen es sehr, sehr schlecht ginge. Viele Menschen würden direkt von der Notaufnahme auf die Intensivstation kommen, weil es ihnen schon so schlecht ginge.

Sein Appell an die Bevölkerung vor den Osterfeiertagen: "Bitte sich nicht mit allzuvielen Leuten treffen, testen, testen, testen, bevor man sich trifft, FFP2-Maske tragen - und ausharren. Die Impfung ist da, ich hoffe, dass die Impffrequenz zunimmt und wir vielleicht in zwei, drei Monaten ausreichend viele Menschen geschützt haben, sodass wir nur noch eine geringe Infektionszahl haben."

Österreichweiter Lockdown nötig

Seiner Ansicht nach müsse man über einen österreichweiten Lockdown nachdenken, das sei nur eine Frage der Zeit. "Bei uns in Tirol ist in den vergangenen drei Wochen die Zahl der Patienten im Krankenhaus und in den Intensivstationen relativ konstant geblieben. Aber jetzt sieht man, jetzt zieht es an. Es geht jetzt sehr rasch exponentiell nach oben."