Nachdem die Europäische Arzneimittelagentur EMA die weitere Verwendung des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca empfohlen hat, schloss sich Donnerstagabend Österreichs Nationales Impfgremium an. "In Anlehnung an die Beurteilung der EMA wird empfohlen, das Impfprogramm unverändert fort zu setzen", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.

"Die Vorteile des Impfstoffes bei der Bekämpfung der immer noch weit verbreiteten Bedrohung durch COVID-19 überwiegen weiterhin gegenüber dem Risiko von Nebenwirkungen", hieß es darin. Es gebe keine Hinweise auf ein Problem in Zusammenhang mit einzelnen Chargen des Impfstoffes oder mit bestimmten Herstellungsstandorten.

Der Impfstoff sei nicht mit einem Anstieg des Gesamtrisikos für Blutgerinnsel (thrombo-embolische Ereignisse) verbunden. Bei Frauen unter 55 Jahren bestehe ein Hinweis für ein sehr geringes Risiko (geringer als 1:100.000) einer seltenen Form von Gerinnungsstörungen mit Blutgerinnsel nach der Impfung gegen COVID-19. Darauf solle im Rahmen der Aufklärung vor der Impfung hingewiesen werden.

EMA empfiehlt weiterhin AstraZeneca

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat am Donnerstag ihre Empfehlung in Bezug auf die Covid-Schutzimpfung von AstraZeneca bekannt gegeben. Und diese lautet wie folgt: "Wir sind zur klaren wissenschaftlichen Erkenntnis gekommen, dass dies ein sicherer und effektiver Impfstoff ist", sagte Emer Cooke (EMA Direktorin). Die EMA empfiehlt also, den Impfstoff weiterzuverwenden. 

Diese Reevaluierung und der neuerliche Sicherheitsbericht des britisch-schwedischen Vakzins war notwendig geworden, nachdem unerwartete mögliche Nebenwirkungen wie Blutgerinnsel in zeitlicher Nähe zur Impfung aufgetreten waren - wir haben hier darüber berichtet. Die Vorteile des Impfstoffs würden die Nachteile klar überwiegen, sagte Cooke. AstraZeneca habe eine Wirksamkeit von zumindest 70 Prozent.

Warnung im "Beipackzettel"

Es wird aber eine extra Warnung in die Medikamentenbeschreibung in Bezug auf seltene Blutgerinnseln (Sinusvenenthrombosen) in Hirnvenen bei den möglichen Nebenwirkungen aufgenommen. In Zusammenhang mit diesen "seltenen Fällen" sei die Datenlage noch nicht ausreichend, um sicher zu sagen, ob ein Zusammenhang mit AstraZeneca ausgeschlossen werden kann.

Es sei „unvermeidlich“, dass bei derartigen Impfkampagnen auch seltene Nebenwirkungen auftreten. Bislang seien sieben Millionen Menschen in der EU mit dem AstraZeneca-Vakzin geimpft worden und elf Millionen Menschen in Großbritannien. "Wir haben alle vorhandenen Daten genau evaluiert und werden Impfreaktionen und Nebenwirkungen auch weiterhin engmaschig überwachen." 

Kurz und Anschober sehen Österreichs Weg bestätigt

Gesundheitsminister Rudolf Anschober sah einer ersten Reaktion die österreichische Vorgehensweise bestätigt: "Es ist wichtig, dass die EMA heute eine klare Entscheidung getroffen hat: die Fortführung der Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneca und entsprechende Anpassungen der Fachinformationen des Impfstoffes sind die Grundaussage. Für mich ist ein gemeinsames europäisches Vorgehen besonders wichtig."

Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte am Rande seines Besuchs in Berlin: Die EMA hat noch einmal bestätigt, dass alle Impfstoffe, die von der EMA zugelassen worden, verwendet werden sollen und insofern bestätigt das auch den Weg den die österreichischen Experten ohnehin schon eingeschlagen haben." 

Was bedeutet die Empfehlung der EMA?

Was bedeutet diese Entscheidung nun für die allgemeine Bevölkerung? Die grundsätzliche Sicherheit des Impfstoffs wurde durch die EMA bestätigt, die schweren Blutgerinnungsstörungen treten sehr selten auf, stehen Millionen von Geimpften gegenüber. Nichtsdestotrotz sind Impfreaktionen bei AstraZeneca, wie auch bei den anderen Covid-Schutzimpfungen zu erwarten. Sollten Symptome wie Kopfschmerzen, Fieber oder Gliederschmerzen länger als 48 Stunden anhalten, oder nach einigen symptomfreien Tagen wiederkehren, sollte ein Arzt konsultiert werden. 

Häufung in der EU

Dass diese seltenen Fälle vor allem in EU-Ländern aufgetreten sind, nicht aber in dieser Zahl in Großbritannien, könnte darin begründet sein, dass unterschiedliche Bevölkerungsgruppen geimpft wurden. In der EU waren es vor allem jüngere Gruppen, in Großbritannien eher ältere, über 65-Jährige. Blutgerinnungsstörungen würden eher in jüngeren Bevölkerungsschichten denn in älteren auftreten, sagte Peter Arlett (EMA).

Österreich hat 5,9 Millionen Dosen bestellt

AstraZeneca spielt eine wichtige Rolle in der europäischen Impfstrategie, aber in jener von Österreich. Die Bundesregierung hat von AstraZeneca 5,9 Millionen Dosen bestellt. Mehr hat Österreich nur von Biontech/Pfizer geordert (11,1 Millionen Dosen/Stand 15. März). Bislang wurden 369.000 Dosen des britisch-schwedischen Vakzins nach Österreich geliefert.

"Der Vorteil der Impfung ist größer als das Risiko", sagte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres am Donnerstag vor der Entscheidung der EMA. Auch in Österreich gäbe es einige Thrombose-Fälle von Geimpften, allerdings sei eine "Häufung nicht feststellbar", betonte der Mediziner. In Deutschland habe es jedoch mehrere Fälle von Sinusvenenthrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit AstraZeneca-Impfungen gegeben. "Das gehört untersucht", so Szekeres. Und weiter: "Wir kommen aus der Pandemie nur durch die Impfung heraus." Die AstraZeneca-Impfung biete drei Wochen nach der ersten Dosis fast 100-prozentigen Schutz vor schwerer Krankheit.

Ähnliches sagte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwochabend in der Zeit im Bild 2: "In Europa sterben täglich mehr als 1000 Menschen an Corona. Das Virus ist die Gefahr, nicht der Impfstoff."

WHO tagt am Freitag nochmals

Die Weltgesundheitsorganisation will am Freitag erneut das Wort zu AstraZeneca ergreifen, teilte ein Sprecher mit. Zuletzt hatte auch die WHO empfohlen, die Impfungen mit AstraZeneca fortzusetzen, da die Vorteile des Vakzins die Risiken überwiegen würden. Die Prüfungen des Beratergremiums für Impfstoffsicherheit dauerten aber noch an.

WHO Europa-Direktor Hans Kluge sagte am Donnerstag: "Bisher wissen wir nicht, ob einige oder alle der Gesundheitsprobleme durch die Impfung verursacht worden oder durch andere, zufällige Faktoren", betonte er. "Wir wissen aber jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt, dass die Vorteile der AstraZeneca-Vakzine die Risiken bei weitem überwiegen."

Mehr zum Thema