Schnell haben sich Kriminelle in der Corona-Krise an die neuen Verhältnisse angepasst. Vor allem in den ersten Pandemie-Monaten blühte der Internet-Betrug mit Schutzausrüstung und gefälschten Coronahilfen-Websites. Bei Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstählen habe die Polizei insbesondere zur Zeit des ersten Lockdowns "klare Rückgänge gesehen", sagte die Vizepräsidentin des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA), Martina Link, in einer Bilanz.

Da die Menschen aufgrund der Kontaktbeschränkungen viel Zeit zu Hause verbrachten, gab es weniger Gelegenheiten für unbeobachtete Einbrüche und Taschendiebstähle. Wer nicht so dreist ist wie die Einbrecher, die kürzlich in Berlin über ein aufgekipptes Fenster ins Obergeschoß einstiegen, während die Hausbewohner unten Gäste bewirteten, suchte sich neue illegale Einnahmequellen.

Das BKA stellte etwa fest, dass organisierte Gruppen versuchten, überteuerte Schutzausstattung zu verkaufen. "Tatsächlich haben Betrüger schnell auf die Corona-Lage reagiert", sagt die Vizepräsidentin. Die Polizei stieß beispielsweise auf "Fake-Shops" im Internet, wo medizinische Geräte, vermeintliche "Coronavirus-Heimtests" oder Atemschutzmasken angeboten wurden. Die Käufer bezahlten, die bestellte Ware kam nie an.

Falsche Ages-Mitarbeiter

Auch die wirtschaftliche Not wurde ausgenutzt. Versender sogenannter Phishing-Mails gaben sich als Mitarbeiter der Arbeitsagentur aus. Interne Daten von Firmen oder Privatpersonen wurden über gefälschte Websites zur Beantragung der Corona-Soforthilfen abgegriffen. Alleine bei der nordrhein-westfälischen Polizei gingen hierzu mehr als 1.000 Strafanzeigen ein. Bei einem Meldedienst von Bund und Ländern zu Fällen von Cybercrime im weiteren Sinne, der im Zusammenhang mit der Pandemie steht, wurden laut BKA allein bis Ende Juli 471 Fälle registriert.

Dass sich die Anbahnung und Abwicklung von Drogengeschäften zunehmend ins Internet verlagert, beobachtet die Polizei schon seit einigen Jahren. Die Pandemie hat diese Entwicklung nach Einschätzung des BKA noch einmal verstärkt. "Gerade zu Zeiten, in denen das öffentliche Leben eingeschränkt ist und sich die Menschen eher im häuslichen Umfeld bewegen, werden Drogen weniger auf der Straße gekauft, sondern eher im Darknet bestellt", stellt Link fest.

Dass bei den Online-Verkäufen im Kleinhandel zuletzt ein leichter Rückgang der Preise feststellbar gewesen sei, muss ihrer Ansicht nach nicht ausschließlich mit dem Coronavirus zu tun haben. Zwar könnte durch die vorübergehende Schließung von Clubs und Bars und verstärkte Kontrollen der Polizei an öffentlichen Plätzen auch die Nachfrage nach einigen typischen Partydrogen gesunken sein. Die BKA-Vizepräsidentin betont aber, die Preisentwicklung hänge immer von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon sei, "dass aktuell weltweit riesige Mengen von Betäubungsmitteln aller Art hergestellt und gehandelt werden, die auch auf den deutschen Markt gelangen". Selbst das Sicherstellen großer Mengen habe zuletzt weder eine Verknappung der Ware bewirkt, noch Auswirkungen auf den Preis gehabt.

Eine Zunahme häuslicher Gewalt als Folge der Lockdown-Regeln im Frühjahr hat die Polizei in Deutschland bisher nicht festgestellt. Allerdings geht das BKA hier von einer großen Dunkelziffer aus. Denn viele Gewaltdelikte, die sonst von Menschen außerhalb der Familie angezeigt werden, sind durch die Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben womöglich einfach nicht aufgefallen.