Nach der Entdeckung einer neuen Variante des Coronavirus auf den Britischen Inseln haben zahlreiche Länder - darunter Österreich - Landeverbote für Flüge aus Großbritannien ausgesprochen. Die Niederlande weiteten ihren Einreisestopp für Reisende aus Großbritannien auch auf Passagiere von Fähren aus.

Das bedeute, dass aus Großbritannien kommende Fähren mit Passagieren an Bord nicht mehr die Niederlande ansteuern könnten, berichtete die Nachrichtenagentur ANP in der Nacht zum Montag unter Berufung auf die Regierung. Die zunächst bis zum 1. Jänner geltende Regelung betreffe aber nicht Fahrer von Lastwagen.

"Große Gefahr"

Die österreichische Verordnung tritt am Dienstag um 00.00 Uhr in Kraft und ende mit Ablauf des 1. Jänner 2021. "Rasche Maßnahmen sind in dieser gefährlichen Situation das Gebot der Stunde", ließ Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Sonntagabend wissen. "Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass diese gefährliche Virusmutation zu uns eingeschleppt wird", argumentierte Schallenberg in einer Mitteilung an die APA. "Wir haben Großbritannien bereits darüber informiert, dass wir zum Schutz unserer Bevölkerung diese einschneidende Maßnahme treffen müssen. Die Mutation zeigt die große Gefahr, die weiterhin von diesem Virus ausgeht."

Bereits aktuell gebe es strenge Auflagen, betonte das Gesundheitsministerium: Großbritannien wird als Staat mit erhöhtem Infektionsrisiko angesehen, weshalb für Einreisende eine Quarantänepflicht gilt. Ein Freitesten aus der zehntägigen Quarantäne ist frühestens nach dem fünften Tag möglich.

Virus-Mutation auch in Italien nachgewiesen

Die besonders in Südengland verbreitete Virus-Mutation wurde unterdessen erstmals auch bei einem Patienten in Italien festgestellt. Die neue Virus-Form wurde bei einem Patienten im Celio-Militärkrankenhaus in Rom nachgewiesen, wie das italienische Gesundheitsministerium mitteilte. Der Patient war demnach kürzlich aus Großbritannien zurückgekehrt und mit seiner Familie in Quarantäne. Außerhalb Großbritanniens waren zuvor elf Fälle der Virus-Mutation gemeldet worden - neun in Dänemark und je einer in den Niederlanden und Australien.

Krisentreffen in Brüssel

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Sonntag bereits mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel über die Corona-Lage beraten. Am Montag kommen die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten in Brüssel zu einem Krisentreffen zusammen. Nach Angaben eines EU-Vertreters wollen sie unter anderem über Flugverbote und eine Testpflicht für Reisende aus Großbritannien beraten.

Neben Österreich kappten auch andere EU-Staaten - darunter Deutschland, Frankreich, Belgien, Irland, Italien und die Niederlande - Flug- und teilweise auch Zugverbindungen nach Großbritannien. Der Hafen im südenglischen Dover wurde für ausreisende Passagiere geschlossen. Zur Begründung verwies die Hafenverwaltung auf die Einreisebeschränkungen in Frankreich.

Flugverbindungen eingestellt

Auch zahlreiche außereuropäische Staaten stellten die Flugverbindungen mit Großbritannien ein, darunter Saudi-Arabien, der Iran, Kanada, Argentinien und Chile. In den USA wurden hingegen zunächst keine Maßnahmen im Reiseverkehr mit Großbritannien verkündet. Admiral Brett Giroir, der für das Corona-Testprogramm der Regierung verantwortlich ist, sagte im TV-Sender ABC, er halte die Einstellung des Flugverkehrs mit Großbritannien derzeit nicht für notwendig.

Die neue Virus-Mutation wird für einen starken Anstieg der Infektionszahlen im Süden Englands verantwortlich gemacht. Die britische Regierung warnte, die mutmaßlich ansteckendere Virus-Mutation in England sei "außer Kontrolle".

"Bis zu 70 Prozent ansteckender"

Premierminister Boris Johnson sagte, ersten Erkenntnissen zufolge sei die Mutation "bis zu 70 Prozent ansteckender" als die bisher verbreitete Form des Coronavirus. Sie führe aber wohl nicht zu schweren Krankheitsverläufen und einer höheren Sterblichkeit. Es gebe auch keine Hinweise, dass die Wirksamkeit von Impfstoffen durch den neuen Virus-Stamm beeinträchtigt werde, versicherte Johnson.

In London und Südostengland trat wegen der neuen Virus-Variante am Sonntag ein strenger Lockdown mit weitgehenden Ausgangsbeschränkungen in Kraft. Die britische Regierung will am Montag wegen der Corona-Lage zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Dabei solle vor allem über den "stetigen Güterfluss" in und aus dem Vereinigten Königreich beraten werden, teilte ein Regierungssprecher mit.