Nach bald einem Jahr Corona-Pandemie zeigt sich, wie das Virus auch abseits körperlicher Gesundheit unser Leben bedroht. Armut, Einsamkeit und psychische Probleme treten – befeuert von Corona – nun noch deutlicher an die Oberfläche. Große Verliererinnen der Krise sind etwa die Alleinerzieherinnen. „Sie sind im Durchschnitt mit 15 Stunden Arbeit pro Tag die derzeit am stärksten Belasteten“, resümiert Andrea Czak, Obfrau des Vereins Feministische Alleinerzieherinnen.

Sie sind es auch, die große finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. „Corona hat die finanziellen Probleme für viele Alleinerzieherinnen massiv verstärkt. Der Kindesunterhalt wird gekürzt oder bleibt aus. Kindesväter, die die Arbeit verloren haben, zahlen nur mehr die Hälfte des Unterhalts, obwohl sie vielleicht Vermögen haben. Aber auf das Vermögen darf laut Gesetz nicht zugegriffen werden“, erläutert Czak weiter. Das habe Folgen: Jede zweite Alleinerzieherin ist armutsgefährdet. Vor der Coronakrise waren es zwar auch schon 44 Prozent, aber die Auswirkungen der Pandemie hätten die Situation noch einmal verschärft. Nun sei die Politik gefragt: Zur sozialen Absicherung sind laut Frauenring-Vorsitzender Klaudia Frieben mehrere Maßnahmen dringend nötig. So soll das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent angehoben werden und für Alleinerzieherinnen soll es den Familienbonus in voller Höhe von 1500 Euro geben. Der Familienhärtefallfonds soll verlängert und die „Sozialhilfe neu“ zurückgenommen werden. Auch brauche es dringend Maßnahmen zur Anhebung der Eigenpension von Frauen wie die erweiterte Anrechnung der Kindererziehungszeiten und die kritische Überprüfung der Lebensdurchrechnung, die Frauen sehr benachteilige.

Arbeitslosigkeit, Delegierungen


Aber nicht nur Frauen kämpfen mit zunehmenden finanziellen Nöten. An die 450.000 Österreicher sind derzeit arbeitslos. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe rechnet im kommenden Jahr – „spätestens im Herbst“ – mit einer großen Welle von Delogierungen. Die Belastungen für Menschen mit prekärer Arbeit habe sich noch zusätzlich verschärft. Sie werden häufiger arbeitslos und meistens nicht von den sozialen Sicherungsnetzen aufgefangen, so Bettina Haidinger von der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) und Johanna Neuhauser, Soziologin an der Universität Wien, am Donnerstag. Besonders betroffen sind oft Migranten.

Einsamkeit


Neben diesen existenziellen Sorgen kämpfen auch viele Österreicher zusätzlich mit den psychischen Folgen der Krise. Studien aus dem ersten Shutdown zufolge sei der psychische Stress deutlich gestiegen, die Pandemie habe sich als Brandbeschleuniger eines bestehenden Problems erwiesen. Immer breitere Bevölkerungskreise sind betroffen: Jeder Zweite fühle sich einsam. Armut zähle dabei zu den zentralen Risikofaktoren, erläuterte Günter Klug, Präsident von pro mente Austria. Betroffen sind verstärkt auch hier Alleinerzieherinnen. Auch monatelanges Homeoffice oder Pensionierung kann das Problem drastisch verschärfen. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass heute die Hälfte der Bevölkerung in Städten in Einzelhaushalten oder als Alleinerzieher lebt, geraten viele in unfreiwillige Isolation, so Klug.