Am Dienstag um 14.00 Uhr ist im bayerischen Landkreis Berchtesgadener Land direkt an der Grenze zu Salzburg ein faktischer neuer Corona-Lockdown in Kraft getreten. Das Landratsamt in Bad Reichenhall veröffentlichte eine entsprechende Allgemeinverfügung und setzte diese dadurch offiziell in Kraft. In dem Landkreis wird das öffentliche Leben aufgrund stark steigender Infektionszahlen dadurch für 14 Tage eingeschränkt. Der neue Lockdown war schon am Montag angekündigt worden.

Er wurde zwischen den örtlichen Behörden und der bayerischen Landesregierung in München abgestimmt. Demnach schließen alle Schulen und Kindergärten. Gleiches gilt für Gastronomie, Hotels, Sport- und Kultureinrichtungen. Alle Kontakte sollen auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt werden. Haus und Wohnung dürfen nur noch aus triftigen Gründen wie Arbeit und Einkaufen verlassen werden.

Grenzübergänge offen

Die am Dienstagnachmittag in Kraft getretenen Ausgangsbeschränkungen betreffen aber weder den Pendler-, den Transit- noch den Einkaufsverkehr zwischen Bayern und Österreich. Die Grenzübergänge zu den angrenzenden Salzburger Bezirken bleiben offen - auch in den Tennengau, der derzeit die höchsten Infektionsraten in Österreich aufweist. Die Geschäfte im Berchtesgadener Land halten weiter geöffnet. Allerdings appellierte die Politik an Österreicher und Bayern, sich im beidseitigen Einkaufsverkehr einzuschränken.

Nach Angaben des Landratsamts gibt es in dem gesamten Landkreis an der Grenze zu Salzburg ein "diffuses Ausbruchsgeschehen" ohne klare Infektionsquellen. Die Zahl der Neuansteckungen ist im Vergleich hoch. Sie lag mit Stand Dienstag bei 236 neuen Fällen pro 100.000 Einwohnern und Woche - und damit weit über dem in Deutschland vereinbarten Wert von 50, ab dem Gegenmaßnahmen verstärkt werden. Seit Montag stieg die Zahl der Fälle um 40. Im Bezirk Hallein verzeichnete das Dashboard der AGES am Dienstag eine Sieben-Tage-Inzidenz von 513,5 pro 100.000 Einwohner.

Der Berchtesgadener Landrat Bernhard Kern (CSU) bezeichnete die strikten Maßnahmen als unvermeidlich. Die Zahl der Corona-Patienten im örtlichen Krankenhaus in Bad Reichenhall steige, sagte er am Dienstag dem Bayerischen Rundfunk (BR). Das mache ihn "betroffen" und sei ein Grund für die Verschärfungen. Engpässe gebe es aber noch nicht. Es gelte, die Gesundheit der Bürger in den Vordergrund zu stellen.

Die strikten Ausgangsbeschränkungen im bayerischen Landkreis haben am Dienstag Hunderte Feriengäste zur Abreise gezwungen. Die Berchtesgadener Land Tourismus schätzte die Zahl der Urlauber, die in der Bergidylle rund um Watzmann und Königssee teils die Herbstferien verbringen wollten, auf knapp 2.500. Wegen der rasant steigenden Zahlen müssen Hotels schließen - außer für Übernachtungen für Geschäftsreisende. Veranstaltungen wurden untersagt. Die Maskenpflicht wird an öffentlichen Orten und Verkehrswegen ausgeweitet.

Die Stiftung Patientenschutz sieht die Maßnahmen in dem Landkreis als "Vorlage für mögliche weitere regionale Lockdowns". Deshalb müsse sichergestellt werden, dass für die dortigen 4.000 Pflegebedürftigen ausreichend Schnelltests vorhanden sind. "Das gilt sowohl für ambulante als auch stationär versorgte Menschen", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Ein Schutz ohne Isolation sei sonst nicht möglich. Alle Pflegebedürftigen, Angehörigen und Altenpflegekräfte müssten jeden Tag einen Schnelltest erhalten.