Jeder Hurrikan stellt eine enorme Herausforderung für uns dar. Heuer ist die Angelegenheit allerdings noch komplizierter. Wir sehen, dass Hurrikan 'Hanna' gerade über ein Gebiet hinwegfegt, in dem das Coronavirus besonders schlimm wütet“, stellte Greg Abbott, Gouverneur von Texas, vor Medienvertretern fest – und spricht damit ein Thema an, das Menschen in den USA und darüber hinaus in diesem Sommer noch vor große, kaum abschätzbare Probleme stellen könnte.

Mit „Hanna“ ist die Hurrikan-Saison 2020 in der Region eröffnet. Der Tropensturm wurde zu einem Hurrikan der niedrigsten Stufe eins hochgestuft, ehe er auf die Küste des US-Bundesstaates Texas traf. Mit Windspitzen von 150 Stundenkilometern verheerte das Sturmtief den Küstenabschnitt, riss Häuser ein und ließ Lkw umstürzen. Fast 300.000 Haushalte im Süden von Texas waren ohne Strom. Erwartete schwere Überschwemmungen blieben aber großteils aus.

Im Pazifik brauste Hurrikan „Douglas“ knapp an Hawaii vorbei. Auch hier hielt sich das zerstörerische Potenzial im langjährigen Vergleich in Grenzen, doch die Saison hat erst begonnen. Das Nationale Hurrikan-Zentrum der US-Klimabehörde NOAA geht von einer überdurchschnittlich aktiven Sturm-Saison aus. Von Juni bis Ende November sei mit bis zu zehn Hurrikanen zu rechnen, davon könnten bis zu sechs sehr starke Wirbelstürme werden, hatte die Behörde erklärt. Im Durchschnitt gibt es pro Jahr über dem Atlantik sechs Hurrikane, drei davon entwickeln sich zu Stürmen großer Stärke. In der jüngeren Vergangenheit hat sich zudem gezeigt, dass neben der Anzahl der Hurrikane auch die Intensität im Schnitt zunimmt.

Hurrikan „Hanna“ hat die Behörden in Texas diesmal in einer verwundbaren Situation erwischt. Zwar hat man eine gewisse Routine im Umgang mit den Stürmen in küstennahen Gebieten, die auch Gouverneur Abbott beschwor, doch Rettungskräfte, freiwillige Helfer und auch Finanzmittel sind bereits durch die Coronakrise stark beansprucht. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität sind in Folge der Corona-Pandemie bisher rund 5000 Menschen allein in Texas gestorben. „Die Menschen müssen zu Hause bleiben“, forderte Richter Rudy Madrid im betroffenen Kleberg County vor laufender Kamera. „Wenn sie keine Masken oder kein Desinfektionsmittel haben, bringen wir es ihnen. Es gibt keinen Grund, heute vor die Tür zu gehen und sich und andere zu gefährden.“

Das funktioniert freilich nur, solange die Menschen ein Zuhause haben. Besonders starke Stürme wie etwa Hurrikan „Katrina“, der im Jahr 2005 weite Teile der Millionen-Metropole New Orleans überschwemmte, 350.000 Häuser zerstörte und 1,3 Millionen Menschen obdachlos machte, bedrohen die Menschen nicht nur unmittelbar, sie könnten auch die Pandemie weiter verschlimmern. Damals hatten die Behörden keine Wahl, als Tausende Menschen in Turnsälen, Gemeindehallen oder sogar in großen Stadien unterzubringen, wo die Menschen tage- und wochenlang auf engstem Raum leben, essen und schlafen mussten.

Die Aussicht auf eine Wiederholung einer solchen Katastrophe ist nicht nur aus der Sicht von Peter Gaynor, dem Chef der US-Bundesagentur für Katastrophenschutz (Fema), ein Albtraum. „Wir waren in diesem Jahr bislang bereits mit einer historischen Anzahl an Katastrophen konfrontiert“, klagt Gaynor, der auch schon US-Präsident Donald Trump über die heikle Lage unterrichtet hat. Die Regierung „beobachte die Situation genau“, hieß es dazu aus dem Weißen Haus. Informationen über konkrete Maßnahmen gab es kaum. Weder für Texas noch für den Bundesstaat Florida, wo sich das Virus besonders stark ausbreitet – und wo auch die Hurrikan-Gefahr sehr hoch ist.