Nachdem die Neos wegen öffentlich abrufbarer Daten von mehr als einer Million Bürger Alarm geschlagen hatten, dürfte diese Lücke zumindest vorerst geschlossen worden sein. Seit der Nacht sei das betreffende Datenregister im Wirtschaftsministerium nicht mehr zugänglich, erklärte Neos-Abgeordneter Douglas Hoyos am Freitag in einer Pressekonferenz.

Thomas Lohninger von der Datenschutz-NGO epicenter works berichtete, noch am späten Donnerstagabend vom Kabinett von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kontaktiert worden zu sein. Man habe das Angebot erhalten, an einer Task Force teilzunehmen, um die Sache zu reparieren. Lohninger wertete dies als Hinweis, dass im Ressort nun zumindest ein Problembewusstsein für die Sache bestehe.

Aus dem Wirtschaftsministerium gab es dazu vorerst keine weitere Stellungnahme, nachdem bereits Donnerstagabend versichert worden war, einer rechtlichen Anpassung und Verbesserung jederzeit offen gegenüber zu stehen. Das Finanzministerium erklärte der APA, dass die Abwicklung von Anträgen aus dem Corona-Härtefallfonds (dadurch war die seit 2004 bestehende Datenbank überhaupt erst aufgefallen) weiterhin möglich sei. Nur in der ersten Phase sei für Nicht-Wirtschaftskammer-Mitglieder eine Nummer aus dem Register benötigt worden.

"Größter Datenschutzskandal der Zweiten Republik"

Die NEOS zeigten sich über die Causa jedenfalls höchst alarmiert, Hoyos sprach in der Pressekonferenz vom "größten Datenschutzskandal der Zweiten Republik". Seit 2009, damals noch in Verantwortung des Bundeskanzleramts und nicht des Wirtschaftsressorts, seien die Daten öffentlich zugänglich. Jetzt aber dem damaligen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die Schuld zuzuschieben, sei "letztklassig", so Hoyos Richtung ÖVP.

Nicht nur Daten prominenter Persönlichkeiten seien öffentlich zugänglich gewesen, sondern etwa auch von Psychotherapeuten, für die es durchaus wichtig sei, dass nicht jedermann deren aktuelle Privatadresse oder Geburtsdatum ohne jede Hürde und auch massenhaft und automatisiert abfragen könne, meinte Hoyos. Er sah die Verantwortung bei Schramböck und Finanzminister Gernot Blümel.

Lohninger sprach von einem "grundlegenden Fehler im Datenschutzverständnis der öffentlichen Einrichtungen". Man müsse nun die bei der Statistik Austria abgelegten Logfiles analysieren, um herauszubekommen, wie viele Daten tatsächlich abgegriffen worden seien. Wieso dieses Register überhaupt öffentlich geführt wurde, müsse geklärt werden. Man sei heilfroh, dass das Register jetzt vom Netz sei. Rechtliche Schritte können die Betroffenen aus Lohningers Sicht bedauerlicherweise nicht treffen, die Amtshaftung greife hier nicht.

SPÖ attackiert Blümel

Empört haben SPÖ und FPÖ auf das von den NEOS bekannt gemachte angebliche Datenleck reagiert. Auch Finanzminister Blümel wurde von beiden Oppositionsparteien kritisiert. Die Grünen versprachen Korrekturen.

Zwar haben die NEOS am Freitag darauf hingewiesen, Blümel persönlich erst am späten Donnerstagnachmittag über die Causa informiert zu haben. Die SPÖ stieß sich aber dennoch an dessen zuvor gesetzten Reaktion. "Finanzminister Blümel kann sich nicht hinstellen und sagen, 'mein Name ist Hase, ich weiß von nichts'", sprach SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter von "Ahnungslosigkeit" des Ministers.

Blümel sei für die Abwicklung des Härtefallfonds zuständig und wisse offensichtlich nicht einmal, dass man dieses Register gebraucht habe, um einen Antrag zu stellen. "Wenn die Abwicklung über finanzonline gelaufen wäre, so wie von der SPÖ gefordert, wäre dieser Skandal nicht passiert", betonte Matznetter.

FPÖ: "Rein die ÖVP zuständig"

Auch die FPÖ schäumte darüber, dass mehr als eine Million persönlicher Daten jahrelang öffentlich einsehbar im Internet gestanden seien. "Verordnung hin, Verordnung her - dieser Skandal muss raschest aufgeklärt werden. Man kann mit sensiblen Daten so einfach nicht umgehen. Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang rein die ÖVP zuständig ist. Die angebliche Unwissenheit von Minister Blümel ist unfassbar und die gesamte Causa zeigt einmal mehr, wie egal der ÖVP die Rechte der Bürger sind", reagierte FP-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Einen "Skandal der Sonderklasse" ortete auch Heinz-Christian Strache. Die Daten des Ex-FPÖ-Chefs dürften ebenfalls öffentlich abrufbar gewesen sein.

Die Grünen begrüßten die Initiative der NEOS und von epicenter.works, die nun dazu geführt habe, dass die Website des Ergänzungsregisters ERsB vom Netz genommen worden sei. "In weiterer Folge muss die Verordnung überprüft und geklärt werden, ob und welche Veröffentlichung von Daten für den genannten Zweck überhaupt notwendig ist", so Süleyman Zorba, netzpolitischer Sprecher der Grünen, in einer Aussendung: "Wir haben uns im Regierungsprogramm zu umfassendem Datenschutz bekannt. Die Verordnung muss vom Ministerium unter Einbindung von Expertinnen und Experten so überarbeitet werden, dass die Datenschutzinteressen der Bürgerinnen und Bürger gewahrt sind."