Hamsterkäufe in der Coronakrise haben dem Schweizer Nahrungsmittelriesen Nestle einen starken Jahresauftakt beschert. Wegen der in vielen Ländern verordneten Ausgangsbeschränkungen deckten sich die Konsumenten im März vorsorglich mit Fertigprodukten, Tierfutter und Kaffee ein, wie der Konzern am Freitag mitteilte.

Der um Übernahmen und Wechselkurseffekte bereinigte Umsatz stieg im ersten Quartal um 4,3 Prozent - das stärkste Wachstum seit fast fünf Jahren. Damit übertraf der weltgrößte Nahrungsmittelhersteller die Analystenerwartungen ebenso wie andere Konsumgüterhersteller - etwa den stärker in Schwellenländern präsente Unilever-Konzern oder den französischen Rivalen Danone. Insgesamt setzte Nestle in der Periode von Jänner bis März 20,8 Milliarden Franken (19,8 Milliarden Euro) um, das ist ein Minus von 6,2 Prozent.

Nestle baut das Portfolio um

Nestle hält am Ausblick fest - vorläufig, wie das Unternehmen betonte. Es sei noch zu früh, die vollen Auswirkungen von der Coronakrise zu beurteilen. So peilt der für Nescafe, Maggi oder KitKat bekannte Konzern eine weitere Verbesserung des organischen Umsatzwachstums und der Ergebnismarge an. 2019 hatte das Unternehmen ein organisches Umsatzwachstum von 3,5 Prozent erzielt.

Nestle habe in der Coronakrise schnell reagiert und die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen dieser globalen Krise zu minimieren, heißt es in einer Mitteilung vom Freitag. Bisher habe man die Kunden trotz einiger lokaler Unterbrechungen in der Versorgungskette und vorübergehender Personalengpässe gut bedienen können.

Die Beschleunigung im laufenden Jahr hat auch damit zu tun, dass sich Nestle zuletzt von schwächelnden Geschäften trennte. So wurde etwa das US-Speiseeisgeschäft und das Hautgesundheitsgeschäft verkauft. Zusammen mit dem starken Franken sorgte dies dafür, dass der publizierte Umsatz im ersten Quartal um 6,2 Prozent auf 20,8 Milliarden Franken sank. Gewinnzahlen veröffentlichte Nestle nicht. Der Portfolioumbau läuft indes weiter. So prüft der Konzern den Verkauf des Yinlu-Geschäfts mit Erdnussmilch und Reisporridge-Konserven in China, das 2019 auf einen Umsatz von 700 Millionen Franken kam.

Online-Absatz erstmals bei mehr als zehn Prozent

Die Coronakrise sei noch lange nicht vorbei, warnte Konzernchef Mark Schneider. "Wir werden in den kommenden Quartalen weiterhin mit vielen Unsicherheiten zu kämpfen haben." Nestle werde sich aber rasch an neue Bedürfnisse der Konsumenten und Beeinträchtigungen der weltweiten Lieferketten anpassen.

Während im ersten Quartal auch die Nachfrage nach medizinischer Ernährung anzog, schrumpften die Umsätze für Süßwaren und Speiseeis. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen seien Geschenk- und Impulskäufe zurückgegangen. Wegen geschlossener Restaurants stellte Nestle insgesamt eine Verschiebung vom Außer-Haus- zum Heimkonsum fest. Der Anteil des Online-Absatzes überstieg erstmals die Schwelle von zehn Prozent.

Darbenden Kunden aus der Gastronomiebranche wolle Nestle mit 500 Millionen Franken unter die Arme greifen, indem Leihgebühren für Kaffeemaschinen ausgesetzt oder Gratisprodukte angeboten würden. Eine weitere Initiative betrifft die Nachfrageschwankungen, mit denen Milchbauern derzeit konfrontiert sind. Da Milch leicht verderblich sei, stehe Nestle zu den vereinbarten Abnahmeverpflichtungen und trage so dazu bei, die Lebensgrundlage der Bauern zu sichern. Weltweit arbeitet Nestle nach eigenen Angaben mit 200.000 Milchbauern zusammen.

Die Anleger reagierten mit Käufen auf den Zwischenbericht, die Aktie legte um 1,7 Prozent zu. "Nestle wird der Primusrolle gerecht", erklärte ZKB-Analyst Patrik Schwendimann. Jean-Philippe Bertschy von der Bank Vontobel sagte, der Konzern habe es geschafft, trotz Störungen in der Logistik, zeitweiligen Werksschließungen und den sich verändernden Verbraucher-Gewohnheiten stark zu wachsen.