Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz kritisiert Probleme in der ärztlichen Versorgung außerhalb der Spitäler: "Zuletzt beschwerten sich bei uns vermehrt Patienten, die in Arztpraxen weggeschickt wurden, weil es sich bei ihnen nicht um Notfälle handelte", sagte Pilz dem "Kurier" (Donnerstag).

Sie kenne Fälle von Patienten, die wichtige Behandlungen oder Untersuchungen bei Zahnärzten oder Augenärzten nicht erhalten hätten. Auch bei der Diabetiker-Versorgung gebe es Schwierigkeiten. Nicht nur Kassenordinationen, auch Wahlarzt-Praxen würden "zumachen, ohne ihren Patienten eine Alternative mitzuteilen. Ich verstehe, dass das medizinische Personal geschützt werden muss. Aber deshalb kann man nicht gleich die Ordination zusperren. Die Spitäler müssen ja auch weiterlaufen", kritisierte die Patientenanwältin.

Pilz fordert, dass Fachärzte, die aus gesundheitlichen Gründen keinesfalls Patientenkontakt haben dürfen, telefonisch für Patienten zur Verfügung stehen, bzw. dass in versorgungsrelevanten Ordinationen andere Ärzte einspringen.

Unverständnis bei der Ärztekammer

Bei der Wiener Ärztekammer kann man die Kritik laut "Kurier" nicht nachvollziehen: "Der größte Teil der Ordinationen hat auch jetzt offen", betont ein Sprecher. Es käme aber in manchen Fällen zu Ausfällen, weil Ärzte in Quarantäne seien. "Eine Anweisung, dass etwa Patienten mit Schmerzen nicht behandelt werden sollen, wenn sie kein Notfall sind, gibt es nicht. Lediglich verschiebbare Therapien sollten derzeit nicht durchgeführt werden."

Wie diese Richtlinien in der Praxis umgesetzt werden, sei laut Sprecher vielfach Ermessenssache und hänge zum Beispiel von der räumlichen Situation in der Ordination ab. "Dass aktuell Wahlarzt-Praxen geschlossen haben, hat oft damit zu tun, dass derzeit zu ihnen schlichtweg keine Patienten kommen", sagt der Sprecher. Viele der betroffenen Kollegen würden spontan beim Ärztefunkdienst aushelfen.

Der Vizepräsident der Ärztekammer, Johannes Steinhart, hatte am Dienstag im ORF-Radio an die Menschen appelliert, Ordinationen nur in Notfällen und nach telefonischer Voranmeldung aufzusuchen. Es gehe darum, dass sich die Patienten nicht anstecken und auch zum Schutz der in der Ordination Arbeitenden. Die Maßnahme sei ein "Schutz, dass die Funktionseinheiten wie Ordinationen aufrecht gehalten werden können", sagte Steinhart.

Angesichts der wachsenden Zahl von erkrankten Spitalsmitarbeitern fordert die Ärztekammer bessere Schutzmaßnahmen: Fix eingesetzte, rotierende Teams über längere Zeit können helfen, bei Infektionen und Quarantänefällen den Spitalsbetrieb aufrecht zu erhalten, sagte Vizepräsident Harald Mayer.

Statt häufig wechselnden Teammitgliedern arbeiten dieselben Mitarbeiter eine gewisse Zeit zusammen. Diese Teams rotieren geblockt. "So können wir auch bei Quarantäne- und Krankheitsfällen einen Betrieb aufrechterhalten, denn bis die Quarantäne oder die Krankheit ausgestanden ist, können die anderen Teams arbeiten."