Till Lindemann, Sänger der deutschen Kultband Rammstein, hat am Donnerstag über seine neue Anwaltskanzlei Behauptungen einiger Frauen vehement zurückweisen lassen, im Umfeld von Konzerten unter Drogen gesetzt worden zu sein: "So wurde wiederholt behauptet, Frauen seien bei Konzerten von Rammstein mithilfe von K.O.-Tropfen bzw. Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr."

Zugleich kündigten die beiden neuen Lindemann-Anwälte Simon Bergmann und Christian Schertz in einem Medienschreiben an, entsprechende Gegenschritte zu setzen: "Wir werden wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten."

Auch rechtliche Schritte gegen Medien

Dies betreffe auch zahlreiche Medien, welche die erhobenen Vorwürfe im Sinne einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung ohne Gegenrecherche aufgegriffen hätten und dabei gegen die Vorgabe der objektiven Berichterstattung verstoßen hätten. "Soweit gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen wurde, werden wir auch hiergegen für unseren Mandanten umgehend rechtlich vorgehen", so die Lindemann-Anwälte.

Mehrere Frauen hatten in den vergangenen Tagen - teilweise anonym - den Vorwurf der sexuellen Übergriffigkeit gegen Rammstein-Frontmann Lindemann erhoben. Die Frauen schilderten Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollen. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.

Eigene Untersuchung in Auftrag gegeben

In einer Rammstein-Stellungnahme von Samstag hatte es zunächst geheißen, die Vorwürfe hätten die Band sehr getroffen und man nehme sie außerordentlich ernst. "Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt - vor und hinter der Bühne." Weiter hieß: "Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge." Auch die Band habe aber ein Recht - nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.

Zu den Vorwürfen hatte Rammstein überdies eine eigene Untersuchung in Auftrag gegeben. Dazu sollen schon Zeugenaussagen vorliegen. Eine Anwaltskanzlei befragt Mitarbeiter der Crew, das Sicherheitsteam, die Band und auch möglicherweise betroffene Frauen. Und Rammstein trennte sich von einer bis dato in die Backstageaktivitäten eingebundenen Frau.

Die Rockformation hatte am gestrigen Mittwochabend im vollen Münchner Olympiastadion das erste Deutschlandkonzert der aktuellen Europatournee gespielt. Auf Vorwürfe ging die Band dabei nicht ein. Sänger Lindemann gab sich zwischen den Songs wie gewohnt wortkarg. Das Publikum verabschiedete er mit den Worten: "München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid."

Aufgrund der Vorwürfe hatten vor dem Konzert rund 60 Menschen gegen den Auftritt der Band protestiert und Ankommende zum Boykott aufgefordert mit Transparenten wie "Das Opfer ist nie schuld" oder "Keine Show für Täter". Die Polizei musste einzelne aggressiv auftretende Fans von den Protestierenden fernhalten. Nach Angaben eines Sprechers der Polizei verlief die Versammlung ohne größere Zwischenfälle.

Für das Münchner Konzert gab es jedenfalls bereits Konsequenzen. Eine Fanreihe im Sicherheitsbereich unmittelbar vor der Bühne, die sogenannte Reihe Null, wurde verboten. Das Konzept für die Aftershowpartys sei ebenfalls geändert worden, hieß es im Umfeld der Berliner Band. Die Stadt Berlin indes hatte am Mittwoch angekündigt, für die Auftritte der Band in der deutschen Hauptstadt die Aftershowpartys überhaupt zu verbieten.

Schutzkonzept für Konzerte in Wien

Dazu meldete sich nun auch ÖVP-Frauenministerin Susanne Raab via Twitter zu Wort: "Die Videos und Berichte vieler Frauen über sexuelle Gewalt bei Rammstein-Konzerten schockieren und machen mich sehr betroffen. Ich halte die Debatte in Deutschland über Möglichkeiten zum besseren Schutz von Frauen bei den Konzerten für richtig. Die Veranstalter und die Stadt Wien sind im Hinblick auf die geplanten Rammstein-Konzerte im Juli gefordert, geeignete Schutz-Konzepte zu erstellen." In Wien werden Rammstein am 26. und 27. Juli im Happel-Stadion erwartet.