Der britische Premierminister Boris Johnson hält eine Lösung im Streit mit der EU über das Nordirland-Protokoll immer noch für denkbar. Seine Regierung wolle "lieber eine ausgehandelte Lösung für die durch das Nordirland-Protokoll entstandenen Probleme finden", das scheine "immer noch möglich zu sein", sagte er am Montag in London. Gleichzeitig bekräftigte er, er sei bereit, gegebenenfalls Artikel 16 des Protokolls zu aktivieren.

"Aber wenn wir uns auf Artikel 16 berufen - der übrigens ein völlig legitimer Teil des Protokolls ist - werden wir dies auf vernünftige und angemessene Art tun", betonte Johnson. Anhand von Artikel 16 können London oder Brüssel den Vertrag einseitig außer Kraft setzen, wenn "schwerwiegende wirtschaftliche, gesellschaftliche oder Umwelt-Probleme" drohen.

Das Nordirland-Protokoll ist einer der strittigsten Punkte in den gegenseitigen Beziehungen seit dem Brexit. Es sieht vor, dass zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland keine Zollkontrollen vorgenommen werden, um das Friedensabkommen von 1998 nicht zu stören. Dafür soll Großbritannien Warenlieferungen nach Nordirland kontrollieren, damit nicht EU-Standards unterlaufen werden. Denn de facto gehört Nordirland weiter dem europäischen Binnenmarkt an.

London nimmt viele Kontrollen aber bisher gar nicht vor und begründet dies mit Versorgungsschwierigkeiten bei Lebensmitteln oder Medikamenten in Nordirland. Die EU hatte in dem Streit Mitte Oktober einen Kompromiss vorgeschlagen und London deutlich erleichterte Zollauflagen angeboten. Platzen die Verhandlungen, droht im äußersten Fall ein Handelskrieg vor Weihnachten.

Die Gespräche zwischen London und Brüssel waren in der vergangenen Woche ohne Einigung zu Ende gegangen. In dieser Woche sollen die Verhandlungen wieder aufgenommen werden.