Der diesjährige Nobelpreis geht an die Journalisten Maria Ressa und Dmitry Muratov. Sie bekommen den Preis für ihren "mutigen Kampf" für Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden sei, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe in Oslo.

Die beiden Journalisten stünden auch "für alle Journalisten, die sich für dieses Ideal einsetzen in einer Welt, in der Demokratie und Pressefreiheit zunehmend gefährdet sind", so Reiss-Andersen. Mit der Auszeichnung für Ressa und Muratow solle die Bedeutung des Schutzes der Meinungs- und Pressefreiheit weltweit unterstrichen werden.

Maria Ressa ist eine philippinische Journalistin und Autorin. Sie ist Mitgründerin, Geschäftsführerin und Chefredakteurin des Nachrichtenportals Rappler Online und war fast zwei Jahrzehnte lang als leitende Investigativreporterin für CNN International in Südostasien tätig. Sie nahm erst kürzlich am dreitägigen Weltkongress des Internationalen Presse Instituts (IPI) in Wien teil - allerdings war sie nur online zugeschalten, da ihre Gerichte verbaten, für den Kongress nach Wien zu reisen.

Dmitry Muratov ist Chefredakteur der Nowaja Gaseta, der einzigen wirklich kritischen Zeitung mit nationalem Einfluss in Russland. Seine Zeitung ist bekannt für ihre eingehenden Untersuchungen zu sensiblen Themen wie Korruption auf hoher Ebene, Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch. Dafür hat man einen hohen Preis bezahlt: Drei Reporter wurden getötet. Das jüngste Opfer war die investigative Journalistin Anna Politkowskaja, die für ihre unabhängige Berichterstattung über Tschetschenien und den Nordkaukasus internationale Anerkennung erlangte.

Der Friedensnobelpreis gilt als die berühmteste Auszeichnung der Welt. An das Renommee des seit 1901 verliehenen Preises zur Förderung des Friedens kommt keine andere Auszeichnung heran. Der Trägerin und dem Träger winken Ruhm und Autorität zugleich.  Dieses Jahr begutachtete das Komitee 329 vorgeschlagene Personen und Organisationen.

Zuvor galt Reporter ohne Grenzen als Favorit. Die Vereinigung verteidigt Presse- und Meinungsfreiheit, kämpft gegen Hetze und Lügen im Internet. Die Welt erlebe „welche Macht und Gefahr in Falschinformationen“ stecken, betont Henrik Urdal, Direktor des Friedensforschungsinstituts Oslo (PRIO). Urdal veröffentlicht jedes Jahr eine Shortlist potenzieller Friedensnobelpreisträger – und Reporter ohne Grenzen stehen 2021 in seiner Gunst ganz oben.

Oder doch die WHO?

Auch die Weltgesundheitsorganisation wurde als mögliche Friedensnobelpreisträgerin gehandelt, wie etwa beim Wettanbieter Ladbrokes. Für die WHO spricht, dass sie mit ihrer Initiative Covax die Impfstoffe gegen Covid-19 zwischen reichen und armen Ländern gerecht verteilen will. An vorderster Front kämpft WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus dafür, den Impf-Nationalismus zu überwinden und damit für ein friedliches Miteinander der Staaten. Allerdings erlaubte sich die WHO in der Pandemie auch gravierende Schnitzer - etwa die sehr spät ausgesprochene Empfehlung zum Maskentragen. Für Dan Smith, Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, wäre deshalb ein Sieg der WHO eine „Überraschung“. Die Rolle der WHO „bleibt kontrovers“, sagte er dem Sender CNN.

Mit Applaus von vielen Seiten hätte das Nobelkomitee hingegen rechnen, wenn Greta Thunberg jetzt zum Zuge käme. Die Ikone im Kampf gegen den Klimawandel galt schon im vorigen Jahr als heiße Kandidatin für den Preis, den der schwedische Industrielle und Dynamiterfinder Alfred Nobel stiftete. Der eingekerkerte russische Dissident Alexei Nawalny, die belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja und Nathan Law Kwun-chung, politischer Aktivist aus Hongkong, tauchen ebenso in diversen Favoritenrankings auf. In jedem Fall wird die oder der Neue in einen illustren Kreis aufrücken. Auf den ersten Friedensnobelpreisträger, den Vater des Roten Kreuzes, Henri Dunant, folgten weitere Lichtgestalten wie Albert Schweitzer, Martin Luther King, Mutter Teresa und Nelson Mandela.

2019 wohl ein Fehlgriff

An einige Entscheidungen erinnert sich das fünfköpfige Nobelkomitee jedoch nicht mehr so gerne: Im Jahr 2019 gönnte das Gremium dem Ministerpräsidenten Äthiopiens Abiy Ahmed Ali den Friedensnobelpreis.Seit 2020 lässt der starke Mann aus Addis Abeba seine Armee in der rebellischen Provinz Tigray wüten: Tausende Menschen starben, Millionen Kinder, Frauen und Männer hungern.

Wer unterbreitet dem Komitee Anregungen für den Friedensnobelpreis? Nur ausgesuchte Personen sind befugt, ihre Präferenzen in Oslo zu hinterlegen: Darunter befinden sich Abgeordnete nationaler Parlamente, amtierende Staatschefs und frühere Friedensnobelpreisträger. Die Berechtigten können im Prinzip für jede Person oder Institution werben und sie nominieren – außer für sich selbst.