Zwischen dem Äquator und Samoa gelegen ist Tokelau einer der abgelegensten Orte der Welt. 3500 Kilometer sind es von hier bis ins neuseeländische Auckland. Die Inselgruppe ist schwer zu erreichen. Es gibt keine Landebahn und aufgrund der seichten Küstengewässer können auch keine großen Schiffe bei den Atollen anlegen. Die vier Ortschaften, auf die sich die rund 1500 Insulaner verteilen, sind nur mit Schlauchbooten, Kanus oder kleinen Flößen zu erreichen.

Auch vor der Pandemie war es schon schwierig, nach Tokelau zu reisen. Besucher mussten bisher nach Samoa fliegen und von dort eine Fähre zu der Inselgruppe nehmen. Diese fuhr nur alle 14 Tage und brauchte – je nach Wetterbedingungen – 24 bis 32 Stunden für die Überfahrt. Keine wirkliche Option für die Anlieferung des Biontech/Pfizer-Impfstoffs, den Neuseeland verimpft. Denn dieser muss möglichst konstant auf minus 70 Grad gekühlt werden, damit er rund sechs Monate haltbar ist. Bei Kühlschranktemperaturen kann er nur etwa vier Wochen gelagert werden. 

Anreise per Marineschiff

700 Dosen Impfstoff kamen letztendlich heil auf Tokelau an.
700 Dosen Impfstoff kamen letztendlich heil auf Tokelau an. © (c) NZ Defence Force

Um Tokelau, die letzte Kolonie Neuseelands, die weltweit vor allem für die hohe Anzahl der dort registrierten Internet-Domains bekannt ist, mit Covid-19-Impfstoff zu versorgen, brauchte es deswegen eine militärische Operation und eine aufwendige Kooperation zwischen dem neuseeländischen Außen- und Handelsministerium, dem Gesundheitsministerium, der Regierung von Tokelau und der neuseeländischen Marine. Letztendlich wurde der Impfstoff mit Hilfe eines Marineschiffes zu den drei Atollen von Tokelau – Fakaofo, Nukunonu und Atafu – transportiert.

Das Schiff mit dem Namen „HMNZS Wellington“ verfügt über eine Kühlkettenlagerung an Bord, die die Impfstoffe bei der erforderlichen Temperatur aufbewahren kann. So funktionierte die Auslieferung in der vergangenen Woche zunächst reibungslos, bis das Wetter den neuseeländischen Soldaten dann doch noch einen Strich durch die Rechnung machte. Ein Hubschrauber an Bord konnte nicht wie gedacht eingesetzt werden, so dass das Team auf ein kleineres Boot umschwenken musste, um die letzte Distanz zwischen der „HMNZS Wellington“ und dem jeweiligen Atoll zu überwinden.

„Kein kleines Unterfangen“

„Diese 5000-Seemeilen-Reise war kein kleines Unterfangen“, gestand der Kommandant des Schiffes, Pip Davies, dann auch in einer Presseerklärung ein. Da Tokelau einer der wenigen Orte der Welt ist, die während der Pandemie Covid-frei geblieben sind, musste das neuseeländische Team aus Sicherheitsgründen auch noch auf eine kontaktlose Lieferung der Impfstoffe achten.

Als die 700 Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs, die nötig sind, um die 346 Einwohner von Nukunono zu versorgen, letztendlich heil ankamen, war die Erleichterung groß. „Ich bin erleichtert, begeistert, aber auch überwältigt“, sagte Aukusitino Vitale, der Vorsitzende des nationalen Covid-Komitees von Tokelau, im Interview mit dem Guardian. Er hatte sich seit März 2020, als Tokelau aufgrund der Pandemie seine Grenzen schloss, um das Thema Impfstoffe gekümmert. „Um ehrlich zu sein, ich hatte seit März nicht gut geschlafen“, sagte Vitale. Als er das Schiff mit dem Impfstoff vergangene Woche schließlich in der Ferne ausmachen konnte, fiel ihm dann ein Stein vom Herzen.

Impfschulung über Zoom

Seit der Lieferung vergangene Woche hat die Inselgruppe nun eine gut organisierte Impfkampagne auf die Beine gestellt. Die drei Ärzte – auf jedem Atoll einer – und 36 Krankenschwestern, die vorab über Zoom geschult worden waren, hatten bereits zwei Tage nach der Lieferung 60 Prozent der ersten Dosen verimpft. Auch Vitale selbst hat inzwischen seine erste Impfung erhalten. Dies sei „ein Segen“, meinte er. Jetzt sei er beruhigt, dass sein Volk und damit auch dessen Kultur vor Covid-19 geschützt seien und damit nicht mehr verloren gehen könnten.

Nach der Lieferung in Tokelau versorgte die 76-Mann starke Crew der „HMNZS Wellington“ noch Palmerston Island, eine der nördlichen Cookinseln, bevor sie nach einem Logistikstopp auf der größten Insel Rarotonga Anfang August wieder in Neuseeland einlaufen wird.