Nach der tödlichen Messerattacke in Würzburg rückt nun das Motiv des mutmaßlichen Täters in den Fokus. Offenbar gibt es Hinweise auf ein islamistisches Motiv des Angreifers. Allerdings schließen die Ermittler nach wie vor auch eine psychische Erkrankung als Hintergrund der Tat nicht aus. Aus Sicherheitskreisen hieß es am Samstag, der mutmaßliche Täter habe bei seiner Vernehmung eine Äußerung gemacht, die auf religiösen Fanatismus schließen lasse.

Hinweise auf Kontakte zu militanten Salafisten gibt es dem Vernehmen nach bisher jedoch nicht. Der Angreifer soll 1997 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu geboren sein. Er kam 2015 nach Deutschland. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur erhielt der Somalier subsidiären Schutz.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die Bluttat am Samstag als "Amoklauf". Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) wollte einen islamistischen Anschlag nicht ausschließen. Aber auch der Geisteszustand des mutmaßlichen Täters spielt eine Rolle. Offen ist, ob der 24-Jährige aus Somalia bei dem Angriff am Freitagnachmittag geistig verwirrt oder psychisch krank war.

Der Täter tötete mindestens drei ihm offensichtlich unbekannte Menschen und verletzte fünf schwer. Zwei von ihnen befinden sich weiter in Lebensgefahr. Gekannt haben sollen sich Täter und Opfer nicht.

Am späten Freitagabend setzte die Polizei auch einen Hubschrauber ein. Die Polizei entkräftete Befürchtungen, der Angreifer könnte Mittäter gehabt haben. Der Hubschrauber unterstütze die Ermittlungen. "Wir fahnden nicht nach weiteren Personen", schrieb sie auf Twitter. Zur Zahl der Verletzten machte sie zunächst keine konkreten Angaben. Die "Main Post" berichtete, es habe zehn Verletzte gegeben. Diese Zahl wollte die Polizei zunächst nicht bestätigen. Sie verwies darauf, gegebenenfalls am Samstag auf einer Pressekonferenz zu informieren.

Die Polizei hatte den mutmaßlichen Täter mit einem gezielten Schuss gestoppt, nachdem Passanten ihnen den Weg gezeigt hatten. Der 24-Jährige, der seit 2015 in Würzburg lebt, kam mit einem Oberschenkeldurchschuss in ein Krankenhaus. Dort machte er laut Polizei auch kurze Angaben. Was genau er sagte, war zunächst unklar. Unter den Verletzten soll auch ein kleiner Bub sein, sein Vater soll tot sein. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte laut "Main Post", überwiegend seien die Opfer Frauen gewesen, der Täter habe sie wohl wahllos ausgesucht.

In der Mainstadt herrschte am Abend Entsetzen. Menschen stellten in der Nähe des Tatorts brennende Kerzen in Gedenken an die Opfer auf. In den Blickpunkt gerieten auch die couragierten Bürger, die sich dem Angreifer in den Weg stellten. Dank kam unter anderem von vielen Politikern, die offensichtlich die kurzen Videoclips in sozialen Netzwerken gesehen hatten, in den Passanten den Somalier attackieren.

"Ein großer Dank und Respekt für das beherzte Eingreifen vieler Bürger, die sich dem mutmaßlichen Angreifer entschlossen entgegenstellten", schrieb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf Twitter.

Dies habe möglicherweise dann auch dazu beigetragen, weitere Opfer zu verhindern, sagte Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU). CDU-Chef Armin Laschet schrieb auf Twitter, er fühle besonders mit den Familien der Toten mit und hoffe auf eine baldige Genesung der Verletzten. "Mein großer Respekt gilt den mutigen Bürgern, die schnell eingeschritten sind."

Dank kam auch von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger oder dem FDP-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Martin Hagen, der twitterte: "Großen Respekt an die couragierten Bürger, die sich dem Täter in den Weg gestellt und verhindert haben, dass noch mehr Menschen zu Schaden kommen."

FDP-Chef Christian Linder und die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock von den Grünen gedachten zudem der Opfer und ihrer Angehörigen. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bezeichnete die Tat auf Twitter als sinnlos und abscheulich. Den Opfern und ihren Angehörigen gelte sein tiefes Mitgefühl. Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) zeigte sich ebenfalls sehr betroffen über das "schreckliche Verbrechen". Er finde es unglaublich, dass viele Menschen so engagiert gehandelt und ihr eigenes Leben gefährdet hätten.

Islamistischer Anschlag nicht ausgeschlossen

Bei der Einordnung der Bluttat schloss CSU-Politiker Herrmann einen islamistischen Anschlag nicht aus: "Es gibt jedenfalls Indizien dafür, dass es sich um einen islamistischen Anschlag handeln könnte", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ein Zeuge gab ihm zufolge an, der Verdächtige habe bei der Tat "Allahu Akbar" (deutsch: Gott ist groß) gerufen.

Der Verdächtige war laut Polizei in den vergangenen Monaten bereits gewalttätig gewesen und psychisch aufgefallen. Erst vor einigen Tagen sei er wohl in eine psychiatrische Behandlung eingewiesen worden, sagte Herrmann. Nach Polizeiangaben lebte der Mann zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft. Oberbürgermeister Schuchardt sagte, der Migrant sei seit fünf Jahren in Deutschland gewesen. Welchen Aufenthaltstitel der Verdächtige hatte, war am Abend noch unbekannt.

Am Freitagnachmittag filmten Passanten den Mann noch vor seiner Festnahme in Würzburg. In den im Internet verbreiteten Clips war zu sehen, wie mehrere Menschen versuchen, den Angreifer zu überwältigen. Ein Mann ging mit einem Besen auf den 24-Jährigen los, andere waren mit Stühlen in der Hand zu sehen.

Die Tat erinnert an einen islamistischen Anschlag vor knapp fünf Jahren in Würzburg. Am 18. Juli 2016 waren in einem Zug vier Menschen schwer verletzt worden. Ein 17-jähriger afghanischer Flüchtling hatte mit einer Axt und einem Messer in einem Regionalzug auf dem Weg nach Würzburg die Reisenden angegriffen. Anschließend flüchtete er zu Fuß, attackierte eine Spaziergängerin und wurde schließlich von Polizisten erschossen.