Ministerpräsident Andrej Babis sprach am Wochenende von "eindeutigen Beweisen". Das EU- und Nato-Mitgliedsland wies deshalb am Samstag 18 Beschäftigte der russischen Botschaft aus - angeblich Agenten der Geheimdienste SWR und GRU. Die Regierung setzte ihnen eine Frist von 48 Stunden, binnen der sie Tschechien verlassen müssen. In dem Munitionslager in Vrbetice im Osten des Landes war es im Oktober und Dezember 2014 zu mehreren Explosionen gekommen. Dabei kamen zwei Beschäftigte einer Rüstungsfirma ums Leben, zudem entstand hoher Sachschaden.

"Tschechien ist ein souveräner Staat und muss auf diese nie dagewesenen Enthüllungen in entsprechender Form reagieren", sagte Babis. Der Präsident des Senats, Milos Vystrcil, sprach von "Staats-Terrorismus".

Russland weist 20 tschechische Diplomaten aus

Das russische Außenministerium kündigte "Vergeltungsmaßnahmen" an: Am Sonntagabend meldete die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das russische Außenministerium, Russland weise 20 tschechische Diplomaten aus. Die Diplomaten hätten 24 Stunden Zeit, das Land zu verlassen. Der tschechische Botschafter in Russland, Vitezslav Pivonka, war am Sonntag ins Außenministerium in Moskau zitiert worden, wo er nach eigenen Angaben über die Vergeltungsmaßnahmen Moskaus informiert wurde, schrieb die staatliche Agentur TASS.

Die tschechische Polizei veröffentlichte zudem Fahndungsfotos zweier Tatverdächtiger. Die Bilder zeigen zwei Russen, die bereits in Zusammenhang mit einem Nervengift-Anschlag auf den früheren Doppelspion Sergej Skripal in Großbritannien 2018 gesucht werden. Russland weist jede Verwicklung in den Fall Skripal zurück.

Die beiden mutmaßlichen GRU-Spione waren nach Polizeiangaben Mitte Oktober 2014 sechs Tage lang in Tschechien. Dabei hätten sie sich - wie später in England - als Alexander Petrow und Ruslan Boschirow ausgegeben. Sie hätten auch die Region Zlin besucht, in der sich das Munitionslager befindet. Interfax schrieb unter Berufung auf Quellen, dass Russland die Männer nicht ausliefere.

Das Munitionslager wurde von Rüstungsfirmen genutzt. Nach einem Bericht des Magazins "Respekt" war ein Teil der Güter für die Ukraine bestimmt, die im Osten gegen prorussische Separatisten kämpft. Nach den Explosionen waren Soldaten zwei Jahre lang damit beschäftigt, Blindgänger zu entschärfen und das Areal wieder sicherzumachen.

Die Enthüllungen kommen überraschend. Ursprünglich hatte Innenminister Jan Hamacek am Montag nach Moskau reisen wollen, um über Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V zu verhandeln. Die Reise wurde kurzfristig abgesagt. Hamacek leitet derzeit kommissarisch auch das Außenministerium.

Die tschechische Regierung teilte mit, sie habe die NATO und die Europäische Union über den Vorgang informiert und der Fall werde beim EU-Außenministertreffen am Montag eine Rolle spielen. Die USA und Großbritannien erklärten, sie stünden fest an der Seite Tschechiens. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte dem US-Sender CBS, die Weltmächte sollten im Umgang mit Russland "klare rote Linien" ziehen und mögliche Sanktionen gegen Moskau in Betracht ziehen, wenn diese überschritten würden.

Zuletzt gab es vor einem Jahr Spannungen zwischen Tschechien und Russland. Auslöser war die Entfernung einer Statue für den sowjetischen Weltkriegsgeneral Iwan Konew in Prag.

Die neuen Spannungen dürften Folgen für den geplanten Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Dukovany in Südmähren, 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, haben. Die Teilnahme russischer Firmen an dem Milliardenprojekt sei nun sehr unwahrscheinlich bis praktisch ausgeschlossen, sagte Industrieminister Karel Havlicek im Sender CNN Prima News.

Kürzlich erst hatten die USA und Polen zusammen 13 russische Diplomaten ausgewiesen, unter anderem mit Verweis auf einen Hackerangriff. Daraufhin hatte Russland seinerseits 15 Diplomaten der beiden Staaten des Landes verwiesen. Zudem gibt es neue Spannungen zwischen Russland und der Ukraine.