Die jahrelangen Verzögerungen rund um den Berliner Großflughafen BER sind vorbei: Am Samstagnachmittag ist der neue Flughafen der deutschen Hauptstadt mit neun Jahren Verspätung offiziell eröffnetworden. Flugzeuge von Easyjet und Lufthansa brachten die ersten Fluggäste zum neuen Terminal. Aus Sicherheitsgründen landeten die Flugzeuge nicht wie geplant parallel auf beiden Start- und Landebahnen, sondern mit einem Abstand von gut vier Minuten beide auf der Nordbahn.

30 Jahre nach der Wiedervereinigung wird der Luftverkehr Berlins und Brandenburgs am Standort des früheren DDR-Flughafens Schönefeld konzentriert. Der Innenstadtflughafen Tegel schließt. Dort soll am 8. November die letzte Maschine abheben.

Der Flughafen gilt als Synonym für Fehlplanung, Missmanagement, Aufsichtsversagen und milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern. Sechs Mal wurde die Eröffnung verschoben. Die Kosten für den Bau und den Schallschutz der Anwohner verdreifachten sich auf rund sechs Milliarden Euro.

Wegen der Pannenserie verzichteten die Betreiber Berlin, Brandenburg und der Bund auf eine Einweihungsparty. Ungebetene Gäste gab es trotzdem, und zwar in Form von Klimaaktivisten, die unter anderem als Pinguine verkleidet gegen die Eröffnung protestierten. Die Mitglieder der Gruppe "Am Boden bleiben", die sich für weniger Flugverkehr engagiert, zogen vom Willy-Brandt-Platz bis zum Eingang des neuen Terminal 1 und skandierten "Was wollen wir? Klimagerechtigkeit! Wann wollen wir sie? Jetzt!" Es gehe darum, ein Zeichen gegen die Luftfahrtindustrie zu setzen, erklärte ein Mitglied der Gruppe.

Direkt vor dem Eingang bildeten sie mit großen, würfelförmigen Luftballons die Buchstabenreihe "#NO BER". Zeitgleich blockierte eine zweite Gruppe ein Stockwerk tiefer im Terminal 1 die Treppen. Mehrere Dutzend als Pinguine verkleidete Mitglieder legten oder setzten sich dort auf den Boden. Andere gruppierten sich um sie herum und hielten Transparente hoch, auf denen unter anderem zu lesen war: "Coole Vögel bleiben am Boden".

Insgesamt seien an den Aktionen rund 250 Menschen beteiligt gewesen, sagte Lena Tucnak, eine der Sprecherinnen der Gruppe. "Unser Ziel ist, den Flughafen lahmzulegen und die Eröffnung massiv zu stören." Es könne nicht sein, dass in Zeiten der Klimakrise ein neuer Riesenflughafen eröffnet werde.

Auch andere Gruppen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion hatten Protestaktionen angekündigt. Unter anderem ist eine Fahrraddemo vom Platz der Luftbrücke zum BER gestartet und ein Demonstrationszug vom alten Flughafen Schönefeld mit dem gleichen Ziel.

Schwerste Krise der Luftfahrt

Die Eröffnung fällt in die schwerste Krise der Luftfahrt seit dem Zweiten Weltkrieg, wie es in der Branche heißt. Nur wenige Tausende Passagiere pro Tag werden in den nächsten Wochen in Schönefeld erwartet. Die Sondermaschinen von Easyjet und Lufthansa brachten geladene Gäste zum neuen Terminal. Am Sonntag sollen dort die ersten Fluggäste einchecken. Der Berliner Tourismus-Chef Burkhard Kieker zeigte sich am Samstag überzeugt, dass sich der Hauptstadt-Airport unter den großen deutschen Flughäfen als erster von der Coronakrise erholen werde. Berlin sei nämlich weniger auf Geschäftsreisende angewiesen als andere Flughäfen, so Kieker.

Berlin, Brandenburg und der Bund hatten sich 1996 entschieden, den Flughafen am Rande der Hauptstadt auszubauen. Die Wahl des Standorts löste im dicht besiedelten Umland Proteste und jahrelangen Streit um die Flugrouten aus. Die Schließung Tegels soll Hunderttausende Anrainer vom Fluglärm entlasten und Platz für einen neuen Forschungs- und Gewerbestandort schaffen. Der Traditionsflughafen Tempelhof ist schon seit 2008 stillgelegt, das Areal ist für die Öffentlichkeit als Park zugänglich.