Der Streit um des Kaisers Bart – oder doch ein wichtiges Thema zum Schutz der Konsumenten? Wieder einmal ist diese Woche, am Rande der großen Agrarreform, die Kennzeichnung von Nahrungsmitteln auf der Agenda des EU-Parlaments. Am Mittwoch ist die Abstimmung geplant. Konkret geht es um die Frage, ob Begriffe wie „Veggie-Burger“ oder „Sojawurst“ grob irreführend sind. Muss also in einem „Burger“ zwangsläufig Fleisch enthalten sein und könnten Käufer im Supermarkt durch so eine Bezeichnung getäuscht werden?

Bei den österreichischen EU-Abgeordneten ist die Meinung dazu (fast) einhellig. „Diese Diskussion ist eine Entmündigung der Konsumenten“, meint Günther Sidl (SPÖ). Selbstverständlich sollen auch Veggie-Burger als Burger bezeichnet werden dürfen, so Sidl. Aber: „Bei den Herkunftsbezeichnungen braucht es in der EU eine Transparenzoffensive und ein Umdenken zu mehr Regionalität.“ Ähnlich sieht das der steirische EU-Abgeordnete Thomas Waitz von den Grünen: „Ich halte das für einen blödsinnigen Antrag, wir haben vernünftige Bürger, die den Unterschied zwischen Kuhmilch und Mandelmilch kennen. Wir werden ja auch nicht die Milchstraße umbenennen.“ Das sieht auch Claudia Gamon von den Neos so: „Wir müssen aufpassen, dass die Leute nicht wieder sagen, die EU will nun wieder Dinge regulieren, die man einfach nicht regulieren soll.“

Ein differenzierteres Bild entwirft hingegen die steirische EU-Abgeordnete Simone Schmiedtbauer (ÖVP). Auch sie traue es jedem Konsumenten und jeder Konsumentin zu, die Aufschriften zu lesen: „Es geht aber um eine Schutzfunktion, so wie bei der Milch.“ Tatsächlich hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2017 festgehalten, dass Milch ausschließlich das ist, was „aus den Eutern von Tieren“ kommt. Seither dürfen etwa Mandel- oder Sojagetränke nicht mehr „Milch“ genannt werden.

Mächtige Lobbys

Hinter diesen Auseinandersetzungen steht aber nicht nur der Konsumentenschutz, es prallen die Interessen der Fleischindustrie auf jene des Handels und NGOs (wie etwa der „Verein gegen Tierfabriken“). Erstere kämpft um ihre Absatzzahlen, die anderen berufen sich unter anderem auf den Klima- und Tierschutz.

Anka Lorencz von der Bundesinnung Lebensmittelgewerbe in der österreichischen Wirtschaftskammer, sieht die hohen Qualitätsstandards gefährdet: „Ein Fleischer, der für die Pariser oder Krakauer Wurst zu wenig Rind- oder Schweinefleisch oder zu viel Wasser verarbeitet, riskiert eine Verwaltungsstrafe. Wie kann es da sein, dass das Wörtchen '‚veggie' ausreichen würde, damit ein Produkt alles Mögliche enthält und dennoch denselben Namen trägt?“ Länder wie Deutschland oder Frankreich hätten bereits eigene Gesetze dagegen erlassen.

Nicht nur um „Wurst“, „Steak“ oder „Burger“ geht es in Brüssel, sondern auch um Ergänzungen wie „nach Art von“, also etwa ein "Veggie-Fladen nach Wiener-Schnitzel-Art". Wenn das Parlament abgestimmt hat, sind dann wieder die Mitgliedsländer am Wort - Ausgang ungewiss.