Deutschland will weitere rund 1.500 Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufnehmen. Darauf haben sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer verständigt. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag erfuhr, handelt es sich dabei um Familien mit Kindern.

Deutschland hat sich bereits vergangene Woche bereit erklärt, 100 bis 150 unbegleitete Minderjährige von der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. Frankreich und acht andere europäische Länder wollen ebenfalls Flüchtlinge aufnehmen - Österreich ist nicht darunter. Nach dem Feuer im Flüchtlingslager Moria waren mehr als 12.000 Migranten obdachlos geworden.

Erst 800 Migranten im neuen Zeltlager - 21 Corona-Fälle

Die Aufnahme von Migranten in einem provisorischen Zeltlager auf der griechischen Insel Lesbos kommt unterdessen nur mühsam voran. Bis Dienstagfrüh sind nur rund 800 Menschen in das Camp Kara Tepe in der Nähe von Mytilini, der Hauptortschaft der Insel gegangen. 21 Migranten seien positiv auf das Corona-Virus getestet worden, teilte das Migrationsministerium mit.

Im ehemaligen Camp Moria, das am vergangenen Mittwoch bei einem Großbrand zerstört worden war, hatten mehr als 12.000 Migranten gelebt. Mit Flugblättern in sieben Sprachen werden die Migranten jetzt informiert, dass es keinen anderen Weg für sie gibt, die Insel zu verlassen, als Asyl zu bekommen. Den Asylprozess könne man aber nur im neuen Lager durchlaufen.

Gerüchte heizen an

Nach wie vor machen unter Migranten Gerüchte die Runde, wer ins Lager gehe, werde eingesperrt wie in einem Gefängnis. Radikale Migranten, in ihrer Mehrheit Afghanen, deren Asylanträge abgelehnt worden seien, sähen dagegen in diesen chaotischen Zuständen die letzte Möglichkeit, doch noch zum Festland Griechenlands und danach nach Westeuropa gebracht zu werden, sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Viele dieser Migranten drohten ihren Landsleuten, nicht ins Lager zu gehen, anderenfalls könne ihnen Schlimmes zustoßen, hieß es.

"Wir wissen genau, wer sie sind", sagte der griechische Bürgerschutzminister Michalis Chryssohoidis am Montagabend im Staatsfernsehen. Sollten radikale Migranten ihre Taktik fortsetzen, werde es harte Strafen für diese Menschen geben, hieß es.

Mit Blick auf die Lage der Migranten auf Lesbos drängt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) unterdessen Deutschland und die EU zu raschen Taten. Die Zustände dort seien "eine humanitäre Notlage, die ein schnelles und unverzügliches Handeln der europäischen Staaten gemeinsam mit Griechenland erfordern", so der Vertreter der UNO-Organisation in Deutschland, Frank Remus.

"Nach Jahren des Scheiterns einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik haben die Länder Europas jetzt die Pflicht, den Menschen auf Lesbos sofort zu helfen und langfristig die Chance zu nutzen, gesamteuropäische Lösungen zu finden, die nach Ansicht aller Experten möglich sind", sagte Remus Zeitungen der Mediengruppe. Das völlig überfüllte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos war vergangene Woche durch mehrere Brände fast vollständig zerstört worden. Mehr als 12. 000 Migranten sind dadurch praktisch über Nacht obdachlos geworden. Über den weiteren Umgang mit ihnen ist eine Debatte internationalen Ausmaßes entbrannt.

Zu den Zuständen in dem berüchtigten Lager vor dem Brand sagte Remus: "Die Verhältnisse in Moria waren skandalös und das Camp selbst eine Schande für Europa, unvereinbar mit den europäischen Werten." Es gebe aber engagierte Länder, allen voran Deutschland, die das Problem sähen und an Lösungen mitwirken wollten. Die von der deutschen Regierung angebotene Aufnahme von etwa 150 minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen sei "ein Zeichen, dass Deutschland Verantwortung in dieser wichtigen Frage übernimmt".