Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bleibt im Ringen um die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem niedergebrannten Lager Moria hart. "Dieses menschenunwürdige System aus 2015, das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren", sagte Kurz in einer am Samstag in der Früh auf Facebook veröffentlichen Videobotschaft, in der er vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 warnte.

Vielmehr werde man "vor Ort helfen, damit eine menschenwürdige Versorgung sichergestellt ist", sagte Kurz. "Dazu sind wir in Gesprächen mit dem Koalitionspartner." Es gehe dabei nicht nur um Moria, sondern auch um andere Orte in der Welt, die nicht im Scheinwerfergebiet der Medien sind, so Kurz, der eingangs von seinen Besuchen in Flüchtlingslagern etwa im Irak oder Somaliland und seiner Betroffenheit über die dortigen Zustände berichtete.

"Auf europäischer Ebene werden wir uns für einen ganzheitlichen Ansatz einsetzen. Was wir nicht brauchen, ist Symbolpolitik", sagte er in offenkundiger Anspielung auf die deutsch-französische Initiative zur Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus Moria. Es brauche vielmehr "echte nachhaltige Unterstützung für betroffene Gebiete, eine wirtschaftliche Perspektive für den afrikanischen Kontinent und auch einen effektiven Schutz unserer Außengrenzen", sagte er.

Es seien die "schrecklichen Bilder am Bahnhof in Budapest" im Sommer 2015 gewesen, die dazu geführt hätten, "dass die europäische Politik dem Druck nachgegeben hat und die Grenzen geöffnet hat", sagte Kurz. Daraufhin hätten sich zunächst Tausende, dann Zehntausende und am Ende eine Million auf den Weg gemacht. Schlepper hätten Unsummen verdient, unzählige Menschen seien im Mittelmeer ertrunken, wiederholte Kurz seine seit fünf Jahren unveränderte Argumentation, von der er offenbar auch unter wachsendem innenpolitischen Druck nicht abrücken möchte.

Kurz wandte sich in dem siebenminütigen Clip auch gegen den Eindruck, dass Österreich nichts für Flüchtlinge tue. "Allein in diesem Jahr hat Österreich 3.700 Kinder aufgenommen. Das sind rund 100 Kinder pro Woche, die einen positiven Asylbescheid bekommen haben und hier in Österreich Sicherheit gefunden haben." Kurz sprach nicht aus, dass es sich dabei aufgrund der geschlossenen Grenzen praktisch ausschließlich um Aufnahmen im Rahmen der Familienzusammenführung handeln kann.