In Italien sind die ersten zwei Europäer am neuartigen Coronavirus gestorben. Bei dem ersten Opfer handle es sich um einen 78-jährigen Italiener, sagte Gesundheitsminister Roberto Speranza am Freitag. Der verstorbene Italiener sei zuvor positiv auf das Virus getestet worden, sagte Gesundheitsminister Speranza. Der Mann war dem Minister zufolge wegen einer anderen Krankheit vor etwa zehn Tagen in einem Krankenhaus in der Region Venetien im Norden Italiens behandelt worden.

Obwohl bisher kein Verdachtsfall bestätigt worden ist, hat Kärntens italienische Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien bis zum 31. Juli den Notstand wegen des Coronavirus ausgerufen. Damit kann die Region Maßnahmen zur Abwendung der Epidemie ergreifen, berichtete der Präsident Friauls, Massimiliano Fedriga, nach einem Treffen mit dem Zivilschutz am Samstag in Triest.

Bei dem zweiten Todesfall handelt es sich um eine italienische Frau, die mit einem infizierten 38-jährigen Mann in der Lombardei in Kontakt gekommen sein könnte, teilten die Gesundheitsbehörden am Samstag mit. Der Mann, der in kritischem Zustand im Krankenhaus liegt, soll seine schwangere Frau angesteckt haben. Mehr Informationen zum Todesopfer gab es vorerst nicht.

Dutzende Fälle gemeldet

In der Lombardei und in Venetien wurden bisher 29 Fälle gemeldet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) äußerte sich unterdessen besorgt über die Infektionsfälle, bei denen es keine klare epidemiologische Verbindung gibt. Viele Menschen hätten sich mit der Lungenkrankheit Covid-19 angesteckt, ohne dass sie nach China gereist seien oder Kontakt mit einer Person gehabt hätten, bei der das Coronavirus nachgewiesen worden sei, schrieb WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus auf Twitter. Mehr als 80 Prozent der Patienten hätten eine leichte Form der Krankheit und würden genesen. In 20 Prozent handle es sich um eine schwere Form, die teilweise zum Tode führe.

Aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der Viruserkrankung ordneten die Behörden am Freitag in mindestens zehn norditalienischen Städten die sofortige Schließung von Schulen, Behörden und sonstigen öffentlichen Gebäuden an. Auch Lebensmittelgeschäfte, Bars, Diskotheken sowie Sportzentren sollten in den betroffenen Orten mindestens für eine Woche geschlossen bleiben, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Betroffen seien rund 50.000 Menschen.

Die Epidemie ist eine Hiobsbotschaft für die Lombardei, den "wirtschaftlichen Motor" Italiens. Aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung des neuartigen Coronavirus haben mindestens zehn Städte im Raum der lombardischen Provinz Lodi die sofortige Schließung von Schulen, Behörden und sonstigen öffentlichen Gebäuden angeordnet - 50.000 Menschen sind betroffen. In der 72.000 Einwohner-Stadt Cremona wurden die Schulen geschlossen.

Auch Lebensmittelgeschäfte, Bars, Diskotheken sowie Sportzentren sollten in den zehn Kommunen mindestens für eine Woche geschlossen bleiben, teilte Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza nach einer Krisensitzung mit. Die lombardische Bahngesellschaft Trenord beschloss, nicht mehr in der Kleinstadt Codogno zu halten. "In Codogno ist keine Seele mehr auf der Straße. Alle Geschäfte sind geschlossen. Es ist, als wären wir in Wuhan", kommentierte ein Bewohner der Kleinstadt. Nachdem auch der Bahnhof geschlossen wurde, sei die Ortschaft wie ausgestorben.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte am Freitag, das "Zeitfenster" zur Eindämmung der Epidemie schließe sich. Zuvor waren neue Infektionsherde sowohl aus China als auch aus mehreren anderen Ländern gemeldet worden. So starben im Iran bereits vier Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19. "Wir sind immer noch in einer Phase, wo die Eindämmung möglich ist", sagte Ghebreyesus. "Aber das Zeitfenster schließt sich immer mehr." Wenn die Welt jetzt nicht "hart" gegen das Virus vorgehe, werde sie vor einem "schwerwiegenden Problem" stehen.

Besonders besorgniserregend ist die Lage in Südkorea, wo die Zahl der Neuinfizierten am Samstag sprunghaft anstieg: Die Behörden des Landes meldeten 142 neue Erkrankungsfälle, die Gesamtzahl stieg damit auf 346 - die zweithöchste außerhalb Chinas. Ausgangspunkt ist die Shincheonji Church of Jesus. Die Verbreitung des Virus in der christlichen Sekte ging nach Behördenangaben von einer 61-jährigen Anhängerin aus, die Virustests zunächst verweigert hatte und weiter zu Gottesdiensten in der Stadt Daegu ging.

Auch von dem vor der japanischen Küste liegenden Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" könnte sich das Virus weiter ausbreiten. Nachdem am Mittwoch rund 500 Passagiere das Schiff nach zweiwöchiger Quarantäne verlassen durften, erwiesen sich mehrere der ursprünglich negativ getesteten Ex-Passagiere als infiziert. Sechs deutsche Passagiere wurden am Freitag an Bord einer italienischen Maschine aus Japan ausgeflogen, wie das Auswärtige Amt im Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.

Lage "düster und kompliziert"

Aus China, dem Epizentrum des Virusausbruchs, meldeten die Behörden am Samstag hingegen erneut sinkende Ansteckungszahlen und Todesfälle: 109 Menschen starben demnach seit Freitag an dem Virus, was die Zahl der Todesopfer auf über 2300 steigen lässt. Insgesamt sollen den Behörden zufolge nun rund 76.000 Menschen mit dem Virus infiziert sein. Chinas Staatschef Xi Jinping sagte bei einer Politbüro-Sitzung, der Höhepunkt der Epidemie sei "noch nicht gekommen", vor allem die Lage in der Provinz Hubei sei weiterhin "düster und kompliziert".

In Hubei war im Dezember der Erreger der Atemwegserkrankung Covid-19 erstmals bei Menschen festgestellt worden. In etwa 25 weiteren Ländern wurden insgesamt rund 1100 Infektionen nachgewiesen. 14 Infizierte starben bisher.