Nach dem verheerenden Hochwasser in Venedig hat der Präsident der Hafenbehörde der nördlichen Adria, Pino Musolino, die Kreuzfahrtgesellschaften, deren Schiffe in der Lagunenstadt halten, zu Spenden aufgerufen. Diese sollen zur Behebung der schweren Unwetterschäden beitragen.

In einem an Freitag veröffentlichten Brief rief Musolino die Geschäftsführer der Reedereien auf, ein "konkretes Signal der Solidarität mit Venedig" zu geben. Dies würde dazu beitragen "Vertrauen" zwischen der Kreuzfahrtindustrie und der venezianischen Gemeinschaft aufzubauen, hieß es im Schreiben.

Als Reaktion auf die Kollision eines Kreuzfahrtriesen mit einem Ausflugsschiff in Venedig hatten in Venedig im Juni tausende Menschen gegen den Kreuzfahrttourismus demonstriert. Sie forderten, die großen Schiffe aus der Lagunenstadt zu verbannen. Die Regierung in Rom will sich bei einer am 26. November geplanten Tagung mit den durch Kreuzfahrtschiffe verursachten Problemen in Venedig befassen.

Milliardenschaden

Die Europäische Volkspartei (EVP) hat inzwischen die EU-Kommission aufgerufen, Venedig den Zugang zum Solidaritätsfonds zu garantieren. Die EVP drängte auf die Einrichtung eines Fonds zum Schutz des Kulturerbes. Der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, bezifferte die Schäden in der Lagunenstadt und Umgebung auf circa eine Milliarde Euro.

Neben der Behebung der Unwetterschäden ist Venedig auch mit vielen Absagen von Urlaubern konfrontiert. Der Touristikerverband Conftourismo beklagte schwere Schäden in Hotels, Ferienwohnungen und Badeanstalten. Auch viele Restaurants und Cafés hätten Schäden erlitten.

Inzwischen entspannt sich die Lage in Venedig nach dem neuen Hochwasser am Freitagvormittag allmählich. Der Markusplatz, der am Freitag aus Sicherheitsgründen geschlossen worden war, ist indes wieder zugänglich. Wegen einer neuen Schlechtwetterfront verbunden mit starkem Schirokko-Wind war das Hochwasser am Freitag auf 1,54 Meter über dem Meeresspiegel geklettert.

UNESCO will schnellere Schutzmaßnahmen

Die UNESCO hat die italienische Stadt aufgefordert, dasGroßbauprojekt Mose zum Schutz der Lagunenstadt voranzutreiben. Die Direktorin des Welterbezentrums der UN-Kulturorganisation in Paris, Mechtild Rössler, bot am Freitag an, Experten zu schicken, um das 2003 begonnene Großbauprojekt zum Abschluss zu bringen.

Venedig gehört seit 1987 zum Welterbe. Mit 1,87 Metern ist das derzeitige Hochwasser laut Rössler das schlimmste seit 50 Jahren.

Das Vorzeigeprojekt Mose, das bereits 1984 geplant wurde, stockte unter anderem wegen Korruptions- und Geldwäschevorwürfen. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte kürzlich anlässlich des diesjährigen Rekordhochwassers in Venedig, der Bau sei mittlerweile zu 93 Prozent abgeschlossen und "wahrscheinlich" im Frühjahr 2021 fertig. Zuletzt hatten Ingenieure entdeckt, dass Teile der Konstruktion verrostet waren.

Die Großbaustelle Mose erstreckt sich über eine Länge von 20 Kilometern an der Lagune von Venedig. Die Stadt leidet regelmäßig unter Überschwemmungen, aufgrund des gestiegenen Meeresspiegels ist das "Acqua alta" mittlerweile eine echte Bedrohung für die bei Touristen beliebte Lagunenstadt.