Nach dem verheerenden Hochwasserin Venedig mit Überschwemmungen in der Lagunenstadt und in der ganzen Region will die italienische Regierung helfen. Geplant war am Donnerstagnachmittag eine Ministerratsitzung, bei der der Notstand in Venedig ausgerufen werden soll. Damit will die Regierung Sonderfinanzierungen zur Behebung der Schäden bereitstellen.

Auf "mehrere Hunderte Millionen Euro" bezifferte der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, die Schäden in der Stadt, die jährlich Millionen Touristen anzieht. "Diese Katastrophe in Venedig ist ein schwerer Schlag für ganz Italien. Es tut weh, die Stadt in diesem Zustand zu sehen", sagte Premier Giuseppe Conte, der die Behörden in Venedig traf und am Mittwochabend die überschwemmte Markusbasilika besuchte.

Dammsystem soll Abhilfe schaffen

Conte versprach, sich für die rasche Fertigstellung des Dammsystems MOSE, mit dem das Hochwasser in Venedig geregelt werden soll, einzusetzen. Das System aus riesigen mobilen Deich-Modulen, die den Eingang der Lagune von Venedig bei drohendem Hochwasser versperren sollen, hätte bereits 2017 in Betrieb gehen sollen. Vor 2021 werde das MOSE-Dammsystem jedoch nicht eingeweiht werden können, sagte Conte.

Der ehemalige EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani erklärte, er sei dabei, die EU um Unterstützung zu bitten. "Wir prüfen nach Möglichkeiten, um dem schwer betroffenen Raum von Venedig aktiv unter die Arme zu greifen."

Bürgermeister bittet UNO um Hilfe

Brugnaro hat indes auch die UNO um Hilfe gebeten. Der Stadtchef schlägt die Gründung einer UN-Agentur zum Thema Klimawandel mit Sitz in Venedig vor.

"Venedig muss zum Ort werden, wo Wissenschafter, Experten und Politiker zum Thema Klimawandel auf globaler Ebene beraten. Ich fordere die UNO auf, in Venedig eine Agentur des Wassers zu gründen, wo man über Meere, Ozeane und Verschmutzung spricht", so Brunaro im Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Stampa" (Donnerstagsausgabe).

"Venedig ist ein Symbol für die ganze Welt. Wir sind die vorderste Grenze im Einsatz gegen Klimawandel. Wir dürfen nicht die Hoffnung verlieren", sagte der Mitte-Rechts-Bürgermeister.

Angesichts der riesigen Schäden in seiner Stadt zeigt sich Brugnaro kämpferisch. "Ich bin enttäuscht und verzweifelt, doch ich habe nicht die Hoffnung verloren. Ich habe die Regierung gebeten, dass man sich mit der Gemeinde Venedig abstimmt, wenn es um strategische Beschlüsse geht", sagte der Bürgermeister.

Als einzige Hoffnung zur Rettung der Stadt betrachtet Brugnaro das Dammsystem MOSE, das 2021 eingeweiht werden sollte. "Das MOSE-System ist im Moment die einzige Lösung für Venedig. Dafür haben wir schon zu viel Geld ausgegeben und es sind schon zu viele Jahre seit Beginn der Arbeiten vergangen. Jetzt muss dieses System endlich starten", sagte der Bürgermeister.

Die italienische Verkehrsministerin Paola De Micheli erklärte, 400 Millionen Euro seien zum Fertigbau von MOSE notwendig.

187 Zentimeter über Meeresspiegel

Am Dienstagabend war das Wasser durch den starken Wind auf 187 Zentimeter über den Meeresspiegel gestiegen. Das sei der höchste Wert seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966, als er 194 Zentimeter erreichte, teilte die Kommune mit. Der Markusplatz in der UNESCO-Welterbestadt war vollkommen überflutet. "Das sind die Folgen des Klimawandels. Wir bitten die Regierung in Rom, uns zu unterstützen", sagte Stadtchef Brugnaro.

Neben der Markusbasilika erlitten mehrere Paläste schwere Schäden. Wasser drang in das Fenice-Theater ein, das vorübergehend geschlossen wurde. Mehrere Vaporetti, die Wasserbusse von Venedig, sind schwer beschädigt. Auch die Hotelbranche beklagt Riesenschäden. Unzählige Touristen flüchteten von der überschwemmten Lagunenstadt.

Nicht nur in Venedig, sondern auch in anderen Regionen Italiens werden schwere Unwetterschäden gezählt. Die Schlechtwetter-Front sorgte auch für erhebliche Probleme in Süditalien und wird laut Wetterexperten voraussichtlich noch einige Tage andauern.