Australischen Journalisten ist eine bemerkenswerte Dokumentation gelungen: Ein Fernsehteam begleitete den heute 20-jährigen Wawa Chombonggai bei einem Besuch seines früheren Heimatdorfes. Dieses hatte der junge Mann aus West-Papua mit gerade einmal sechs Jahren verlassen müssen.

Denn nachdem seine Eltern starben, warfen ihm die anderen Stammesmitglieder Hexerei vor. Sie verurteilten den kleinen Buben zum Tode. Nachdem der Korowai-Stamm kannibalistisch ist, wollte man das Kind laut dem Sender Channel Seven verspeisen.

Doch Kornelius Sembiring, ein ehemaliger Führer in der Region für Channel Seven, hörte von der Not des Kindes und rettete es. Er nahm den Kleinen in seinem Haus auf Sumatra auf. Dort lebt der heute 20-Jährige noch immer. Zusammen mit seiner neuen Familie und den australischen Journalisten kehrte er nun zu seinem Stamm zurück, um seine Verwandten kennenzulernen und den Stamm zu bitten, sich nicht mehr gegenseitig zu töten und zu essen.

Abgeschottetes West-Papua

Die Dokumentation verschafft einen seltenen Einblick in die fremdartige Kultur West-Papuas, eine seltene Momentaufnahme nicht nur wegen der einsamen Lage, sondern auch, da Indonesien den Zutritt für internationale Journalisten nach West-Papua beschränkt. Denn West-Papua ist keine friedliche Region: Spannungen zwischen der indonesischen Regierung und den Bürgern West-Papuas schwelen seit über 50 Jahren, als die Niederlande die Region im Zuge der Dekolonialisierung an Indonesien abtrat.

1969 stimmten Repräsentanten West-Papuas im sogenannten „Act of free Choice“ zu, dass West-Papua weiterhin zu Indonesien gehören solle. Im Nachhinein kamen jedoch Gerüchte ans Tageslicht, wonach die Repräsentanten der Ureinwohner mit ihrem Leben und dem Leben ihrer Familien bedroht worden seien, damit sie für Indonesien stimmten. Die Konflikte deswegen halten bis heute an: Erst in den vergangenen Wochen kam es wieder zu tödlichen Auseinandersetzungen zwischen indonesischen Soldaten und den Bewohnern West-Papuas.

Menschenfleisch: "Gummiartig", aber "köstlich"

Somit ist es alleine schon erstaunlich, dass der australische Reporter Matt Doran die abgeschottete Region besuchen und dabei auch unangenehme, wenn auch nicht politische Fragen stellen durfte. So thematisierte Doran das Thema Kannibalismus und erfuhr dabei, „dass menschliches Fleisch ‘gummiartig’, aber ‘köstlich’ schmeckt“, wie er auf Twitter schrieb.

Deswegen wollte der frühere Stamm Wawa Chombonggai als kleines Kind jedoch nicht töten, sondern aus dem Aberglauben der Stammesmitglieder heraus, dass er ein Hexer und für den unerwarteten Tod seiner Eltern verantwortlich sei, die beide 2006 starben.

Sollte Stammesführer werden

Als Chombonggai, der heute Sportwissenschaft studiert, nun gemeinsam mit seiner Pflegefamilie und den Journalisten zu seinem früheren Stamm zurückkehrte, erwartete die Gruppe eine emotionale und überraschend herzliche Begrüßung. In dem Video von Channel Seven ist zu sehen, wie der junge Mann dem Stammesführer die Hand schüttelt und seine Tanten umarmt. Chombonggai selbst war so überwältigt von diesem warmen Empfang, dass er in Tränen ausbrach. Zuvor habe er das Gefühl gehabt, er sei  allein, aber jetzt sei es, als ob er „eine große Familie“ habe, übersetzte sein Pflegevater für ihn.

Trotz der herzlichen Begrüßung konfrontierte Wawa, der selbst inzwischen ein gläubiger Christ ist, seine Familie schließlich mit den radikalen „Strafen“ der Gemeinschaft. Nachdem er selbst nur knapp einem Todesurteil entkommen war, wurde einer seiner Onkel getötet, da er eine Affäre mit der Frau eines anderen Mannes hatte. „Wir sollten auf nette Weise reden und diskutieren, um eine Lösung zu finden“, schlug er den Stammesmitgliedern vor und machte deutlich, dass er Gewalt ablehnte.

Überraschenderweise reagierten seine Zuhörer positiv auf die Rede des jungen Mannes und wollten ihn letztendlich sogar zum neuen Stammesführer machen. Der 20-Jährige entschied sich jedoch, weiterhin bei seiner Pflegefamilie zu bleiben, obwohl er versprach, den Stamm auch in Zukunft wieder zu besuchen.