Mit intensiven Ermittlungen weit über die Inselgrenzen hinaus sucht die britische Polizei aufzuklären, wie es zum Tod von 31 Männern und acht Frauen chinesischer Nationalität in einem am Mittwoch gefundenen Gefrier-Container kommen konnte – und wer verantwortlich ist.

Der schreckliche Fund entsetzt Großbritannien. Alle Parteivorsitzenden des Unterhauses hatten im Parlament ihrer Empörung Ausdruck gegeben. Der Vorfall war der schlimmste dieser Art seit dem Jahr 2000, als 58 Menschen – ebenfalls Chinesen – in einem Lastwagen im Hafen von Dover erstickt aufgefunden worden waren.

Von Zeebrugge nach Purfleet

Inzwischen weiß man, dass der Container mit der Fähre vom belgischen Zeebrugge in den englischen Hafen Purfleet kam. Von da war der Mann offenbar nach Purfleet gefahren, um den Container dort abzuholen und in ein Industriegebiet am Ostrand Londons zu befördern. Der Fahrer, der 25-jährige Mo Robinson aus dem nordirischen Portadown, war nach der Entdeckung der Leichen unmittelbar festgenommen worden. Hausdurchsuchungen wurden durchgeführt an zwei Adressen in Nordirland. Gestern stand aber noch nicht fest, ob Robinson wusste, dass sich Menschen im Container befanden.



Auch die Dubliner Regierung sagte den britischen Ermittlern volle Unterstützung zu – nicht nur, weil Robinson auf seinem Weg nach England wohl durchs Gebiet der Republik Irland fuhr, sondern auch, weil der im Jahr 2017 in Bulgarien registrierte Lastwagen angeblich von einem irischen Unternehmen dort angemeldet worden war.

Woher der Container kam, blieb zunächst unklar. Die belgischen Behörden suchen heraus zu finden, ob die Opfer erst in Belgien in den Container kamen oder schon vorher irgendwo anders. Im Hafen von Zeebrugge hätten sie jedenfalls nicht in den Container klettern können. Dort kam der Behälter bereits versiegelt an. Klar war am Donnerstag, dass die 39 Menschen, von denen einer ein Teenager gewesen sein soll, bei minus 25 Grad ihr Leben verloren haben.

Innenministerin Priti Patel, eine Befürworterin der Todesstrafe, sprach von der Möglichkeit drastischer Strafverschärfungen für Menschenschmuggel. Menschenrechts-Verbände fordern, Migranten einen legalen Weg nach England zur dortigen Überprüfung ihrer Aufnahme-Anträge zu eröffnen – damit diese sich nicht Menschenschmugglern ausliefern und ihr Leben durch illegale Überfahrten riskieren.

Milliardenschweres Geschäft

Der Menschenschmuggel über den Kanal ist zu einem blühenden Geschäft geworden. 2018 allein soll die französische Polizei über 300 damit befasste kriminelle Organisationen ausgehoben haben. Migranten zahlen für "Hilfe" bei der Überfahrt im Schnitt 3.000 Euro und für einen Transport aus ihrer Heimat nach England 10.000 Euro. Die Londoner Times schätzt, dass europaweit 40.000 Personen an solchen Operationen beteiligt sind. Das schmutzige Geschäft wirft fünf Milliarden Euro ab.

Viel Aufregung verursachen in England immer Migranten, die in kleinen, oft seeuntüchtigen Booten, die ihnen Schmuggler besorgen, über den Kanal zu setzen suchen. Ansonsten klettern Asylsuchende meist in Lastwagen, die in französischen oder belgischen Fährhäfen geparkt sind, und verstecken sich in deren Innern, hinter der Fracht.

Im letzten Jahr wurden in England 8.000 Personen aufgegriffen, die auf diese Weise ins Land gekommen waren. 35.000 weitere fing die Polizei in Frankreich und Belgien ab.