Es ist eine einzigartige Konferenz, die das Antlitz der Katholischen Kirche verändern könnte. Knapp 280 Bischöfe, Beobachter und Experten kommen kommen in Rom für drei Wochen zusammen, um sich einer Region zu widmen, die bisher kaum eine Rolle in den Überlegungen der kirchlichen Hierarchie spielte und erst vor Kurzem durch die Brandrodungen die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich zog: das über 7,5 Millionen Quadratkilometer große Amazonas-Gebiet in Südamerika.

Papst Franziskus stammt selbst vom Kontinent. Das reicht aber nicht zur Erklärung für die Themenwahl. Vor allem zwei Gedanken und einige lateinamerikanische Freunde haben den Argentinier bald nach Beginn seines Pontifikats im März 2013 dazu gebracht, vor zwei Jahren die Amazonien-Synode einzuberufen. Zum Einen ist da die Idee einer integralen Ökologie, die Franziskus bereits in seiner Umwelt- und Sozial-Enzyklika Laudato Si ausgeführt hat. Alles hängt mit allem zusammen, lautet vereinfacht deren Kernthese.

Die Ausbeutung des Amazonas-Beckens, der „Lunge des Planeten“, betrifft die Menschheit insgesamt.
Zweitens, das sagt der Papst aber nicht explizit, kann das entlegene, sich über neun Staaten erstreckende Amazonien als Hebel benutzt werden, um grundlegende Veränderungen in der Kirche voranzubringen. Im Amazonas könnten Maßnahmen eingeführt werden, die die Weltkirche als Ganzes betreffen. „Jede Synode betrifft die Universalkirche“, sagte Synodensekretär Kardinal Lorenzo Baldisseri dieser Tage im Vatikan. Der Titel der Synode „Neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ macht die zweifache Stoßrichtung deutlich.

Eine der umstrittenen Kernfragen der Synode ist das Thema der Weihe verheirateter Männer („viri probati“). Der Zölibat erlaubt mit Ausnahmen nur die Weihe eheloser Männer in der katholischen Kirche. „Es geht darum, neue Wege zu finden, um die Eucharistie in die Gemeinden zu bringen“, sagt der brasilianische Kardinal Claudio Hummes.

Die meisten Einwohner Amazoniens könnten wegen des Priestermangels nur sehr selten an Messfeiern teilnehmen. Hummes ist als Generalberichterstatter der Synode und Freund Bergoglios die Schlüsselfigur der Konferenz, in deren Leitungsteam auch der emeritierte Amazonas-Bischof Erwin Kräutler sitzt. Die Synode müsse „nicht nur die pastorale Arbeit der Frauen würdigen, sondern Frauen zur Diakonatsweihe zulassen,“ fordert der gebürtige Vorarlberger. In der Diözese, in der er tätig sei, würden zwei Drittel aller Gemeinden von Frauen geleitet.

Die Kritiker fürchten, dass die Einführung der „viri probati“ den Anfang vom Ende des Pflichtzölibats bedeutet. Außerdem lehnen sie die stärkere Einbeziehung von Laien und Frauen ab. Ihre Wortführer sind die pensionierten deutschen Kurienkardinäle Walter Brandmüller und Gerhard Ludwig Müller. Brandmüller befürchtet den „radikalen Umbau der Kirche“. Amazonas sei „nur das Etikett, der Geist in der Flasche“ sei ein anderer, schrieb er. Der US-Kardinal Raymond Leo Burke, rief gar zu einem „Kreuzzug des Gebets und des Fastens“ auf, damit „Irrtum und Häresie die Amazonas-Synode nicht beeinflussen“.


113 der 184 stimmberechtigten Teilnehmer stammen aus der Region. Aus Österreich nimmt Kardinal Christoph Schönborn teil. Die Konferenz kann keine verbindlichen Beschlüsse fassen. Mit dem Synodenprozess, der mit einer Befragung vor Ort startete, die in das Arbeitsdokument einging, will sich der Papst in gewisser Weise selbst eine Vorlage geben. Franziskus forderte „mutige Lösungen“ für die Probleme der Region. Wenn die Mehrheit der Bischöfe ihm diese Lösungen liefert, ist es für ihn leichter, diese in einem Lehrdokument zu begründen.

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