Mit den Beschlüssen zu einem umfangreichen Klimapaket hat die deutsche Regierungskoalition nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Grundlagen für das Erreichen der Klimaziele bis 2030 gelegt. Sie sei überzeugt, "dass wir die Ziele erreichen und dass wir dafür die Grundlagen dafür gelegt haben", sagte Merkel am Freitag nach einer Sitzung des Klimakabinetts in Berlin.

Bei ihren Beschlüssen hätten sich die Koalitionsspitzen von der Frage leiten lassen: "Wie kann man aus einem gut gemeinten Ziel eine gut gemachte Zielerfüllung machen?" Merkel hob insbesondere zwei Instrumente hervor, auf die sich die Koalition in gut 19-stündigen Verhandlungen geeinigt hat: Die Bepreisung des Ausstoßes von CO2 und die Einführung eines Mechanismus, mit dem die Umsetzung der Klimaziele jährlich überprüft wird.

Auf den Ausstoß des Treibhausgases CO2 solle künftig ein Preis erhoben werden, "weil wir glauben, dass Innovation so gefördert wird", sagte die Kanzlerin. Dafür soll - nach einer Anlaufphase - ein Zertifikatesystem etabliert werden. Von der CO2-Bepreisung solle ein "Signal" ausgehen, um technologische Innovation zu fördern, sagte Merkel.

Jährliche Überprüfung

Als zweites Instrument hob die Kanzlerin den geplanten Kontroll-Mechanismus hervor. "Dieser Mechanismus ist eine Art Garantie dafür, die Ziele zu erreichen", sagte Merkel. Bei der jährlichen Überprüfung lasse sich die Regierung von Experten unterstützen. Das Klimakabinett der Regierung solle in den kommenden Jahren zu einer dauerhaften Einrichtung werden.

"Hinter uns allen liegen doch sehr arbeitsreiche Stunden", sagte Merkel nach dem Beratungsmarathon. Ziel der Koalition sei es dabei gewesen, "unseren Kindern und Enkelkindern ein zukunftsfrohes Leben zu hinterlassen".

Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zeigt sich zufrieden: "Die Ergebnisse können sich aus meiner Sicht sehen lassen", sagt sie bei der Pressekonferenz. Die Maßnahmen, die viele Umweltschützer bereits als unzureichend kritisiert haben, seien ehrgeizig. Die Entlastungen für Bürger seien ihr wichtig gewesen. Trotz der Größe des Programms sei eine solide Finanzpolitik weiterhin möglich.

Die kommissarische SPD-Co-Chefin Malu Dreyer geht fest davon aus, dass mit den Anreizen aus dem Klimapaket viele Menschen ihr Verhalten ändern. Es sei beschämend, dass Deutschland die Klimaziele für 2020 wohl verfehlen werde. Jetzt sehe es aber besser aus, die Ziele für 2030 zu schaffen. Dafür habe sich die lange Nacht gelohnt: "Schlaf wird überbewertet."

Für CSU-Chef Markus Söder hat sich die große Koalition mit dem milliardenschweren Klimapaket zurückgemeldet. Es müsse jetzt umgesetzt werden und brauche einen breiten Konsens in der Gesellschaft. Söder twitterte zuvor, dass die Klimaziele nun eingehalten werden können. "Wir nehmen die Menschen mit durch Anreize statt Verbote!", so der bayerische Ministerpräsident, der am Koalitionsausschuss teilgenommen hatte. "Unser Konzept: Zertifikate statt CO2-Steuer, Pendlerpauschale erhöhen, Stromkosten senken, Abwrackprämie für alte Heizungen."

Das Klimapaket ist nach den Worten Fridvon Finanzminister Olaf Scholz auch eine Reaktion auf die Protestbewegung: "Fridays for Future hat uns alle aufgerüttelt." Es gebe jetzt ein großes Paket mit einem Volumen von 54 Milliarden Euro, das auch sozial ausgewogen sei, sagte der SPD-Politiker.

"Kein Durchbruch, ein Eklat"

Die für den weltweiten Klimaschutz kämpfende Bewegung "Fridays For Future" lehnt indes das Klimapaket als ungenügend ab. "Wenn man jahrelang nichts für den #Klimaschutz tut & dann nach massivem monatelangem Druck aus der Bevölkerung Maßnahmen diskutiert, die mit 1,5° rein gar nichts zu tun haben, ist das kein 'Durchbruch', sondern ein Eklat", twittert die deutsche Sektion der Bewegung.

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser sagte, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel liefere "auch nach monatelangen Verhandlungen lediglich ein Bündel Eckpunkte und Maßnahmen, das meilenweit hinter den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen zurück bleibt". Das Klimapaket lasse "die viel zu hohen Emissionen weiter stagnieren" und verfehle "selbst das schwache 2030er-Klimaziel der Bundesregierung krachend".

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger erklärte: "Das Klima kippt und die Uhr tickt." Das Ermutigende des Tages, an dem das Klimapaket beschlossen wurde, "sind die vielen Menschen, die auf die Straße gegangen sind".

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sprach von einem "desaströsen Klimaschutzprogramm". Die DUH forderte das Bundeskabinett auf, es müsse die "Notbremse ziehen" und seine Zustimmung verweigern. Das Erreichen der Klimaziele 2030 werde mit den vorgeschlagenen Maßnahmen scheitern, warnte auch dieser Verband. Der Emissionshandel für Gebäude und Verkehr sei ein "klimapolitischer Totalausfall", so die Kritik.

Auch der WWF bescheinigt der GroKo eine "Mischung aus Verzagen, Vertagen und Versagen". Der WWF forderte, die deutsche Regierung müsse bis zur Weltklimakonferenz Ende des Jahres "nachliefern". Es fehlten weiter die "großen strukturellen Veränderungen". Die "angemessene Antwort der Bundesregierung" auf die immer größer werdenden Klimaproteste stehe noch aus, erklärte der Vorstand Naturschutz beim WWF, Christoph Heinrich.