Mangelnde Konsequenz werfe ihr niemand vor: Greta Thunberg soll heute mit ihrem Vater Svante, den Skippern Boris Herrmann und Pierre Casiraghi sowie dem das Unterfangen dokumentierenden Kameramann Nathan Grossmann von Plymouth in der südenglischen Grafschaft Devon gen New York ablegen.

Bis zu 14 Tage auf hoher See

Die 18-Meter-Hochsee-Rennjacht "Malizia II" wird die Klimaaktivistin in zehn bis 14 Tagen – emissionsfrei – zum UN-Klimagipfel am 23. September bringen. Während der 5400 Kilometer durch tiefes Wasser (und massenweise Plastikmüll) dürfte das Meer seine Muskeln spielen lassen: Prinzipiell sind die Wetterprognosen recht gut, im Nordatlantik herrscht derzeit aber eher schwere See.



Der deutsche Segelsportler und der monegassische Adelige übernahmen diesen mit hoher Symbolik aufgetakelten Sonderauftrag nicht ohne (Hinter-)Grund: Casiraghi und Herrmann sowie das Team Malizia definieren neben den segelsportlichen drei weitere Ziele: Jugendarbeit, Forschung – und Umweltschutz. Unter anderem kooperiert man mit dem Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie.



Seitens des Teams wird betont, dass die Überfahrt keinerlei ökologischen Abdrücke hinterlassen wird: Voran kommt man klarerweise mit der Kraft des Windes. Der Grazer Jungunternehmer Michael Körner bestückte die "Malizia II" zudem mit einer Hochleistungs-Solaranlage. Er steht in engstem Kontakt mit der Crew. "Der Dieselmotor wurde verplombt und ist nur für Notfälle – die Überfahrt ist emissionsfrei, die Transfers vom und zum Schiff werden mit Elektrobooten durchgeführt", erläutert er im Interview.

Drei von fünf der Crew: Profisegler Boris Herrmann (links)  mit Greta und ihrem Vater Svante
Drei von fünf der Crew: Profisegler Boris Herrmann (links) mit Greta und ihrem Vater Svante © (c) Birte Lorenzen



Die Vorbereitung war gründlich – schließlich ist eine Atlantiküberquerung keine Zugfahrt von Stockholm nach Jönköping. "Greta und ihre Begleitung wurden an Bord der 'MaliziaII' auf die Überfahrt vorbereitet. Boris Herrmann hat zudem Meditation und autogenes Training empfohlen." Die Klimaaktivistin wurde mit Medikamenten gegen Seekrankheit versorgt – was sie gegenüber dem "Stern"mit "Dann werde ich mich eben zwei Wochen übergeben" kommentierte.



Es wird eine Reise bar jeden Komforts: An Bord gibt es keine Kabinen, keine Dusche, keine Toilette, alles ist aufs Minimum reduziert. Geschlafen wird in sogenannten Rohrkojen (Carbon-Rohre, die in der Neigung verstellbar und mit Stoff bespannt sind, Anmerkung). Für Greta und ihren Vater wurde ein Vorhang für etwas Privatsphäre montiert. Gekocht wird auf einem Camping-Gaskocher – auf ihm wird das Wasser zum Zubereiten der gefriergetrockneten Nahrung erwärmt.

Ein Schlafplatz im Rumpf des Schiffes
Ein Schlafplatz im Rumpf des Schiffes © (c) Team Malizia

Leitfigur und Reizthema

Greta bleibt das, was sie ist – beidseitige Projektionsfläche: Gegner der 16-Jährigen, die ihr diffus und frei von Fakten Fernsteuerung durch die "Klima-Lobby" vorwerfen, wird auch diese Aktion nicht überzeugen bzw. weiter als pure PR provozieren. Jene, die in der jungen Schwedin das grüne Gewissen und den nötigen Stachel im laxen Fleisch der Leugner des menschgemachten Klimawandels sehen, werden ihre Reise mit Interesse verfolgen. Auf Facebook und Instagram etwa kann man sich über die Profile "Team Malizia – Yacht Club de Monaco", "Borisherrmannracing" und "Greta Thunberg" am neuesten Stand halten.

Die Skipper Pierre Casiraghi und Boris Hermann
Die Skipper Pierre Casiraghi und Boris Hermann © Martin Messmer



Die mediale Leitfigur nahm sich für ihre grüne Mission eine einjährige Auszeit von der Schule, die freilich wieder voll mit Aktivität sein wird: Auf die Termine in New York folgen solche in Kanada und Mexiko, bis es schließlich nach Chile zur alljährlichen "COP25"-Klimakonferenz geht. In Nord- und Südamerika wird Greta an großen Demonstrationen für einzubringendes ökologisches Bewusstsein teilnehmen.

Nicht nur der Weg, den die Unbeugsame, für manche auch Unliebsame, nun auf hoher See vor sich hat, ist ein weiter.