Es war zweifellos eine der dunkelsten Stunden in der Menschheitsgeschichte: Als Pilot Paul W. Tibbets am 6. August 1945 auf Befehl über Hiroshima den Bombenschacht seines allen Ernstes nach seiner Mutter benannten B-29-Bombers "Enola Gay" aktivierte, öffnete er auch das Tor zur Hölle: Die 9.450 Meter über der japanischen Stadt ausgeklinkte, "Little Boy" getaufte Uranbombe detonierte in den Morgenstunden nur 576 Meter über dem Shima-Krankenhaus – mit einer Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT.

Die Verwüstung übertraf alles bis dato Bekannte: Der erste kriegerische Atombombenabwurf zerstörte etwa 90 Prozent der Stadt und tötete auf einen Schlag schätzungsweise 70.000 Menschen. Bis Ende des Jahres 1945 sollten dann weitere 70.000 sterben. Die Temperatur am Boden erreichte für eine Sekunde bis zu 4000 Grad Celsius – im Umkreis eines halben Kilometers rund um „Ground Zero" war in einer Sekunde alles Leben ausgelöscht. Nur drei Tage später, am 9. August,  warf die US-Luftwaffe dann eine weitere, noch deutlich stärkere Atombombe über Nagasaki ab, mit ähnlich desaströser Wirkung. In Trümmern lag nicht zuletzt auch die Menschlichkeit.

Die Bodencrew der "Enola Gay" - in der Mitte: Paul W. Tibbets
Die Bodencrew der "Enola Gay" - in der Mitte: Paul W. Tibbets © (c) AP



Die Spätfolgen der radioaktiven Verseuchung in Hiroshima zeigen sich in Form diverser Krebserkrankungen bis heute. Japans Gesundheitsministerium gibt die Zahl der Strahlentoten mit bis zu 300.000 an. Die japanisch-amerikanische "Radiation Effects Research Foundation" spricht von 240.000 Todesopfern. Einige Tage nach den zwei Attacken endete bekanntlich der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Japans auch in Asien. Der damalige US-Präsident Harry S. Truman wurde nicht müde, zu erklären, er hätte trotz Bombe ruhig schlafen können. Die Welt erlebte eine Zeit, in der atomare Kriegsführung zumindest seitens der USA als Ausweg aus dem Weltkrieg gewertet wurde.

Die Momente nach der Detonation der Bombe
Die Momente nach der Detonation der Bombe © (c) EPA (A Peace Memorial Museumhandout)



Nun, 74 Jahre später, kehrt das Atomwaffen-Gespenst in den Köpfen und Befürchtungen vieler Experten zurück: Washington ist trat jüngst formell aus dem INF-Abrüstungsvertrag von 1987 über nukleare Mittelstreckensysteme aus und kündigte die Entwicklung neuer Waffen an. Moskau gab an, zu Entwicklung neuer Raketen "gezwungen" zu sein. Klar ist: Mit dem Auslaufen des Pakts verliert die Welt einen Mechanismus zur Verhinderung eines Atomkriegs. Der Planet, der mit den derzeit vorhandenen Atomwaffen ohnehin schon mehrfach zerstört werden könnte, könnte ein weiteres Aufrüsten erleben.

Eine Luftaufnahme gibt eine Ahnung der elementaren Zerstörung
Eine Luftaufnahme gibt eine Ahnung der elementaren Zerstörung © (c) AP (MAX DESFOR)



Auch in Wien wird heute der Opfer von 1945 gedacht und eine Welt frei von Atomwaffen eingemahnt: Nach japanischer Tradition gibt es einen Zug zum Teich vor der Karlskirche, in den Laternen gesetzt werden.