Mit einer Antiterrorrazzia hat die Kölner Polizei am Donnerstag womöglich einen islamistischen Anschlag verhindert. Bei Hausdurchsuchungen nahmen die Ermittler sechs Männer in Gewahrsam, darunter zwei als Gefährder eingestufte Islamisten.

Stammgast in der Fussilet-Moschee

Einer davon ist ein Deutsch-Libanese, der in der geschlossenen Berliner Fussilet-Moschee, wo auch der Berlin-Attentäter Anis Amri verkehrte, tätig war. Zwar ergaben die Ermittlungen bisher keine Beweise für Anschlagspläne der Verdächtigen, wie der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob vor Journalisten sagte. Die Polizei sei daher auch nicht im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen gegen die Männer vorgegangen, sondern zunächst zur Gefahrenabwehr. "Wir warten nicht, bis wir genügend Beweise haben - das ist mir an dieser Stelle zu gefährlich", sagte Jacob.

Im Zentrum der Terrorermittlungen steht nach Angaben des Kölner Kripochefs Klaus-Stephan Becker der deutsch-libanesische Konvertit, dessen Namen die Kölner Ermittler mit C. abkürzten. Der Mann sei seit vielen Jahren als Gefährder eingestuft und habe mehrere misslungene Versuche unternommen, in das Gebiet der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) auszureisen. Den Angaben zufolge lebte C. vorwiegend in Berlin, wo er auch als sogenannter Vertretungsimam in der Fussilet-Moschee tätig gewesen sei. Er gelte als Mitglied einer "sehr konspirativ agierenden multinationalen Gruppe", die "sehr eng" mit der Berliner Jihadistenszene verbunden sei. C. soll demnach auch Kontakte zu Islamisten wie Denis Cuspert gehabt haben.

Während die Frau von C. und seine Kinder weiterhin in Berlin leben, zog der 30-Jährige dem Kölner Kripochef zufolge erst am vergangenen Wochenende in die Wohnung eines ebenfalls als Gefährder eingestuften 21-jährigen deutschen Konvertiten im rheinischen Düren ein. Den Namen des 21-Jährigen kürzten die Kölner Ermittler mit R. ab. In der gemeinsamen Dürener Wohnung wurden beide Männer am frühen Donnerstagmorgen in Gewahrsam genommen. Auch die Wohnung von C.s Frau in der Hauptstadt wurde den Kölner Ermittlern zufolge am Donnerstag von Berliner Behörden durchsucht.

Bei der Durchsuchung einer Baustelle schlug ein Sprengstoffspürhund an
Bei der Durchsuchung einer Baustelle schlug ein Sprengstoffspürhund an © (c) APA/dpa/Oliver Berg

Bei der Razzia im Rheinland nahmen die Polizisten neben C. und R. zwei weitere deutsche Konvertiten im Alter von 20 und 21 Jahren im Raum Düren in Gewahrsam, ebenso zwei Verdächtige auf einer Baustelle in der Kölner Innenstadt. Insgesamt durchsuchte die Polizei sechs Wohnungen und Arbeitsstätten im Raum Düren sowie die Kölner Baustelle, auf der nach Ermittlerangaben sowohl der als selbstständiger Trockenbauer tätige C. als auch der 21-jährige R. arbeiteten.

Sprengstoffspürhund schlug an

Bei der Durchsuchung der Baustelle unweit der Einkaufsmeile Hohe Straße schlug am Donnerstagmorgen ein Sprengstoffspürhund an. Ob sich dort tatsächlich Sprengstoff befand, sollten Experten des Landeskriminalamts klären. Als möglichen Hinweis auf bevorstehende Attentatsplanungen werteten die Ermittler neben dem Umstand, dass die als Gefährder eingestuften C. und R. zusammengezogen waren, vor allem eine Äußerung C.s. Der 30-Jährige hatte demnach sinngemäß davon gesprochen, den Aufstieg in die höchste Stufe des islamischen Paradieses zu planen - was ein Synonym für einen Selbstmordanschlag sein könne.

Den vor rund einem Jahr von der Aachener Polizei als Gefährder eingestuften R. beschrieben die Ermittler als radikalisierten deutschen Konvertiten, der sehr radikal denke und im Zweifelsfall wohl auch handeln würde. "Zumindest verbal" habe er eine "sehr hohe Gewaltbereitschaft" bekundet, sagte der Kölner Kripochef. Zudem habe er einen Treueeid auf den IS geleistet, Ausreiseversuche unternommen und eine "beachtliche Affinität zu Waffen".

Bei den Durchsuchungen in Düren nahmen die Beamten 20 Mobiltelefone, etliche externe Festplatten und drei Laptops mit. Die darauf gespeicherten Daten sollen nun untersucht werden.