Malta hat sich bereiterklärt, alle 65 Geflüchteten an Bord des deutschen Rettungsschiffes „Alan Kurdi“ an Land zu lassen. Die Menschen würden umgehend auf andere europäische Länder verteilt, teilten die Behörden Maltas am späten Sonntagnachmittag nach Gesprächen mit der EU-Kommission und Deutschland mit.

Zunächst wurden Streitkräfte alarmiert

Malta hatte zunächst erklärt, dem deutschen Schiff "Alan Kurdi" der NGO Sea Eye mit 65 Migranten an Bord den Zugang in seinen Hochgewässern zu verweigern. Die Regierung ordnete den Streitkräften an, "angemessene Aktionen" zu ergreifen, sollte das Schiff in Maltas Hoheitsgewässer eintreten, hieß es in einer Presseaussendung der maltesischen Regierung.

Das Schiff hatte am Samstag nach stundenlangem Warten vor der italienischen Insel Lampedusa Kurs auf Malta genommen. Zuvor hatte das Schiff vergeblich auf die Erlaubnis zum Einlaufen in den Hafen gewartet. Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte das strikt verboten.

Aufrettung um zweites Schiff

Unterdessen erhielten die Menschen an Bord des italienischen Rettungsschiffes "Alex" Erlaubnis, in Lampedusa an Land zu gehen. Das Schiff mit 41 aus dem Mittelmeer geretteten Migranten war zuvor entgegen des Verbots Salvinis in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel eingelaufen. Das Schiff wurde am Sonntag vier Stunden lang durchsucht.

Zuvor hatte Mediterranea angesichts einer als unerträglich beschriebenen Gesundheits- und Hygienesituation an Bord den "Notstand" erklärt. Die italienische Regierung hatte die Organisation zuvor aufgefordert, mit dem Rettungsschiff Malta anzusteuern. Die elfstündige Reise sei aber zu lang und gefährlich, sagte Mediterranea. Nach Angaben der Organisation befänden sich nahezu 60 Menschen an Bord, darunter 41 Gerettete. Zugelassen sei das Schiff lediglich für 18 Menschen.

Deutsches Rettungsschiff

Die "Alan Kurdi" hatte nach Sea-Eye-Angaben 65 Migranten in internationalen Gewässern vor Libyen von einem Schlauchboot gerettet. Im deutschen Innenministerium war am Freitagabend ein Brief Salvinis eingegangen. Darin drängt er Innenminister Horst Seehofer (CSU), Verantwortung für die "Alan Kurdi" zu übernehmen. Deutschland hat der EU-Kommission nach Angaben Seehofers angeboten, Migranten von der Sea-Eye und vom Rettungsschiff "Alex" der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans im Mittelmeer aufzunehmen. "Auch im Fall der "Alan Kurdi" und der "Alex" sind wir im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen", sagte Seehofer am Samstag.

Die "Alan Kurdi" befand sich am Samstagvormittag nach Angaben Islers etwa eine Seemeile vor den italienischen Hoheitsgewässern und rund 13 Seemeilen vor der italienischen Insel Lampedusa. Eine per Mail an die Behörden in Rom und Valletta, der Hauptstadt Maltas, geschickte Bitte um Zuweisung eines sicheren Hafens für die "Alan Kurdi" sei bis zum Vormittag ohne Antwort geblieben, sagte der Einsatzleiter weiter.

Das Schiff "Alex" der italienischen NGO Mediterranea hatte schon im Vorfeld erklärt, die  rund 40 geretteten Migranten nicht nach Malta, sondern nach Lampedusa bringen zu wollen. Die Fahrt nach Malta sei zu lang, argumentierte die NGO. "Die Reise nach Malta würde die Sicherheit der Menschen an Bord gefährden. Lampedusa ist der einzig sichere Hafen", erklärte die italienische Hilfsorganisation.

Malta als "sicherer Hafen

Italiens Innenminister Matteo Salvini erwiderte, dass sich Malta zur Aufnahme der Migranten bereit erklärt habe. "Malta ist ein sicherer europäischer Hafen. Man begreift nicht, warum diese Schlepper entscheiden sollen, wohin sie die Migranten bringen wollen", betonte Salvini nach Medienangaben vom Samstag.

Zugleich betonte Salvini, dass die "Alan Kurdi" der deutschen NGO Sea Eye nicht in Italien landen werde. "Das deutsche Schiff soll nach Deutschland fahren", sagte Salvini. Italien habe ein Verbot für die Einreise privater Rettungsschiffe erlassen. "Wer gegen dieses Verbot verstößt wird, mit Konsequenzen rechnen müssen", so Salvini.

Deutschland lehnt das von Salvini verfochtene Prinzip ab, wonach der Flaggenstaat prinzipiell zuständig sein soll. Seehofer macht sich weiter für einen europäischen Verteilmechanismus für die Migranten stark. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte auf Anfrage: "Wer Menschen vor dem sicheren Ertrinken rettet, erfüllt seine humanitäre Pflicht." Deshalb habe die Bundesregierung in diesem Jahr bereits 228 Menschen - und damit mehr als jeder andere EU-Mitgliedstaat - aufgenommen.

Seehofer-Brief an Salvini

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat seinen italienischen Kollegen Matteo Salvini aufgefordert, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. "Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden", schrieb Seehofer am Samstag in einem Brief an Salvini.

Der deutsche Innenminister erklärte in seinem Brief nun, für die aktuellen Seenotrettungsfälle seien rasche europäische Lösungen in gemeinsamer Verantwortung nötig. "Ich appelliere daher eindringlich an Sie, dass Sie Ihre Haltung, die italienischen Häfen nicht öffnen zu wollen, überdenken", fügte Seehofer hinzu.

Salvinis Antwort: Absolutes Nein

Im Streit um die Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migranten hat der italienische Innenminister Matteo Salvini auf den Appell seines deutschen Amtskollegen Horst Seehofer, die italienischen Häfen für Rettungsschiffe zu öffnen, reagiert. "Die deutsche Regierung ruft mich auf, den Schiffen die italienischen Häfen zu öffnen? Absolutes Nein", so Salvini auf Facebook.

"Wir rufen die Regierung Merkel auf, Schiffen, die Schleppern helfen, die deutsche Flagge zu entziehen", fordert der Rechtspopulist seinerseits. Seehofer hatte Salvini zuvor aufgefordert, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. "Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden", schrieb Seehofer am Samstag in einem Brief an Salvini.

Auf die Landung des Rettungsschiffes "Alex" auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa am Samstag reagierte Salvini empört. "Ich genehmige nicht die Landung", erklärte er. Der Crew des Schiffes der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea warf er vor, die italienischen Gesetze zu verletzen und Komplizen der Schlepper zu sein. Auf die Drohung der NGO, der Innenminister könne wegen Personenentführung angezeigt werden, weil er die Migranten an Bord festhalte, antwortete Salvini: "Das ist einfach lächerlich".

Strafen für Migranten-Schiffe anheben

Italiens Innenminister Matteo Salvini hat nach dem erneuten Anlegen eines Flüchtlings-Schiffes in Lampedusa ein härteres Vorgehen angekündigt. Seine rechtspopulistische Partei Lega werde vorschlagen, die Strafe für Hilfsorganisationen, die trotz eines Verbots italienische Häfen ansteuern würden, auf eine Million Euro anzuheben, twitterte Salvini am Samstag.

Zudem solle es leichter werden, die Schiffe zu beschlagnahmen, so Salvini. Die italienische Regierung hatte erst im Juni ein umstrittenes neues Sicherheitsdekret erlassen, das eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro und die Beschlagnahmung des Schiffes für ein verbotswidriges Anlegen in italienischen Häfen vorsieht. Sein Land lasse sich nicht erpressen und heiße auch nicht das Vorgehen von Menschen gut, die italienische Gesetze brechen und Menschenhändlern helfen würden, schrieb Salvini.

Am vergangenen Wochenende hatte die Kapitänin des deutschen Rettungsschiffes "Sea-Watch 3" mit 50 Migranten an Bord ohne Erlaubnis die italienische Insel Lampedusa angesteuert.