Auf Druck der Familien der 1983 verschwundenen Vatikan-BürgerinEmanuela Orlandi hat der Vatikan am Dienstag die Öffnung von zwei Gräbern auf dem Friedhof Campo Santo Teutonico, der traditionellen Grabstätte für deutschsprachige Pilger in Rom, beschlossen. Sie vermuten, dass sich in diesem Grab die Überreste der verschwundenen Orlandi finden könnten.

Die Öffnung der beiden Gräber wird am 11. Juli erfolgen, teilte Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti am Dienstag mit. Pietro Orlandi, Bruder der verschwundenen Vatikan-Bürgerin, dankte dem vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, für die Unterstützung zur Klärung des Falles. "Es besteht der Wille, Klarheit über diesen Fall zu schaffen", so Pietro Orlandi nach Medienangaben.

Die Rechtsanwältin der Familie, Laura Sgro, hatte ein anonymes Schreiben mit einem Bild des Grabs und dem Hinweis erhalten, darin würden sich die Überreste Orlandis befinden. Daraufhin appellierte Sgro an den vatikanischen Staatssekretär Parolin, die Erlaubnis für die Eröffnung des Grabs zu geben.

Der Fall Orlandi gehört zu den aufsehenerregendsten Kriminalfällen der jüngeren italienischen Geschichte. Über das Schicksal des 15-jährigen Mädchens, Tochter eines Vatikanangestellten, gibt es trotz unzähliger Spekulationen keine gesicherten Erkenntnisse. Emanuela Orlandi verschwand am 22. Juni 1983 nach dem Besuch einer Musikschule spurlos. Bald meldeten sich angebliche Entführer, die eine Freilassung des türkischen Papstattentäters Ali Agca forderten. Später hieß es, das Mädchen sei von der Mafia-Bande der Magliana entführt worden.

Viele offene Fragen

Bis heute sind viele Fragen offen. Die italienische Justiz nahm 2012 nochmals Ermittlungen auf, nachdem in der Hauskirche der römischen Opus-Dei-Universität im Grab des Chefs der Magliana-Bande, Enrico De Pedis, fremde Knochen gefunden wurden. Vermutungen, es handle sich um Überreste Orlandis, erwiesen sich als falsch.

Nachdem im vergangenen Oktober menschliche Knochen auf dem Gelände der vatikanischen Botschaft in Rom auftauchten, kursierten Spekulationen, dass es sich um die Überreste Orlandis handeln könnte. DNA-Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Knochenreste von einem Mann stammten.