Die Zahl der Toten nach der Anschlagsserie in Sri Lanka ist auf mindestens 359 gestiegen. Nahezu 60 Verdächtige wurden nach Angaben der Behörden inzwischen festgenommen, darunter ein Syrer. Die Polizei durchsuchte auch am Mittwoch weitere Häuser auf der gesamten Insel. "Die Razzien gehen überall weiter, muslimische Gebiete werden genau unter die Lupe genommen", hieß es in Sicherheitskreisen.

Kontrollierte Sprengung

In der Hauptstadt Colombo sprengte die Polizei kontrolliert einen verdächtigen Motorroller, der neben dem beliebten Savoy-Kino abgestellt war. Es sei kein Sprengstoff gefunden worden.

Die Regierung räumte unterdessen Versäumnisse ein. "Es gab einen großer Fehler bei der Weitergabe von Geheimdienstinformationen", sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene. "Dafür müssen wir die Verantwortung übernehmen."

In Behördenkreisen hieß es, Indien habe den Geheimdienst Stunden vor den Anschlägen vor islamistischen Angriffen gewarnt. Es blieb zunächst unklar, ob und in welcher Form die Behörden daraufhin handelten. Parlamentspräsident Lakshman Kiriella beschuldigte hochrangige Vertreter des Geheimdienstes, Anschlagswarnungen absichtlich geheimgehalten zu haben. "Es gab Informationen, aber die obersten Vertreter der Sicherheitsbehörden haben nicht angemessen gehandelt", sagte er. Ein indischer Geheimdienst habe Sri Lanka bereits am 4. April vor möglicherweise drohenden Selbstmordanschlägen auf Kirchen, Hotels und Politiker gewarnt. Am 7. April habe es dann eine Sitzung des Sicherheitsrates unter dem Vorsitz von Präsident Maithripala Sirisena gegeben. Die Informationen seien aber nicht weiter verbreitet worden. "Der Sicherheitsrat macht Politik. Wir müssen das untersuchen", sagte der Parlamentspräsident.

Umstrukturierung der Sicherheitskräfte

Sirisena, der zugleich Verteidigungsminister ist, kündigte am Dienstag eine völlige Umstrukturierung der Sicherheitskräfte und der Polizei an. Er hoffe, dass "wesentliche Veränderungen an der Spitze der Sicherheitskräfte innerhalb der nächsten 24 Stunden" möglich seien.

Die USA erklärten, sie hätten im Vorfeld keine Hinweise auf die Anschläge am Ostersonntag gehabt. Sie gingen jedoch davon aus, dass derzeit weitere Anschlagsplanungen in Sri Lanka liefen, sagte die US-Botschafterin Alaina Teplitz. "Terroristen können ohne Warnung zuschlagen. Typische Anschlagsorte sind große Versammlungen und öffentliche Plätze." Das Ausmaß und die Koordination der Anschläge am Ostersonntag lasse darauf schließen, dass eine ausländische Extremistenorganisation wie die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in die Vorbereitung eingebunden gewesen sei.

Neun Selbstmordattentäter

Die Anschläge auf drei Kirchen und vier Hotels wurden der Polizei zufolge von neun Selbstmordattentätern verübt. Acht von ihnen seien identifiziert. Unter den Attentätern sei eine Frau, sagte Wijewardene.

Die Selbstmordattentäter vom Ostersonntag in Sri Lanka waren wohlhabend und hatten im Ausland studiert. Die meisten von ihnen seien gebildet gewesen und hätten der oberen Mittelschicht angehört, sagte Sri Lankas Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene am Mittwoch in einer Pressekonferenz.

Einer der Attentäter habe vermutlich in Großbritannien und Australien studiert und sei danach nach Sri Lanka zurückgekehrt.

Die Extremistenmiliz IS reklamierte am Dienstag die Angriffe für sich. Die Regierung in Colombo machte kurz zuvor zwei einheimische islamistische Organisationen, darunter die National Thowheeth Jama'ath (NTJ), für die Anschläge verantwortlich. Ihr Motiv sei nach ersten Ermittlungen Vergeltung für die Attentate auf zwei Moscheen in Neuseeland, bei denen im März 50 Menschen getötet worden waren. Davon habe die neuseeländische Regierung keine Kenntnis, sagte Ministerpräsidentin Jacinda Ardern.