Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch, die am Samstag 47 Migranten auf dem Mittelmeer geborgen hat, wartet auf Anweisungen, in welchem Hafen diese landen sollen. "Wir warten auf Anweisungen. Es gibt keine Möglichkeit, sich mit der libyschen Küstenwache in Verbindungen zu setzen, niemand antwortet am Telefon", so die Aktivisten von Sea Watch nach Medienangaben.

Die 47 Menschen seien nach einem Notruf von einem Schlauchboot an Bord der "Sea-Watch-3" genommen worden, erklärte die Berliner Organisation. Die Migranten seien wohlauf. Wohin die "Sea-Watch 3" jetzt fahren kann, ist unklar. Aktivisten an Bord des Schiffes warnten vor einer Verschlechterung der Wetterbedingungen.

Erst über den Jahreswechsel war das Schiff mit Migranten an Bord wochenlang auf dem Meer blockiert gewesen. Erst nach langem Hin und Her durften die Flüchtlinge in Malta an Land, wo sie dann auf andere Länder verteilt werden sollten.

Italien erteilt Absage

Nach den jüngsten Schiffsunglücken mit Dutzenden toten Flüchtlingen im Mittelmeer bleibt der italienische Innenminister Matteo Salvini hart. Italien werde Rettungsschiffen mit Migranten an Bord nicht seine Tore öffnen. "Die NGO-Schiffe sind wieder im Mittelmeer unterwegs, die Schlepper beginnen wieder mit ihren schmutzigen Geschäften und die Menschen sterben wieder", schrieb Salvini auf Facebook. Er betonte, dass die 47 Migranten, die von der deutschen NGO Sea Watch gerettet wurden, nicht in Italien landen werden. "Die NGOs können es vergessen, in Italien zu landen. Das Schiff kann eine lange Runde machen und die Migranten nach Hamburg bringen", so Salvini.

Der Innenminister erntete dabei viel Kritik von Linksparteien. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, der auf eine offene Einwanderungspolitik drängt, meinte, die Regierung in Italien habe hunderte Migranten auf dem Gewissen. "Dieses Blutbad im Mittelmeer hält an. Salvini sage ich: Wird es zu einem zweiten Nürnberg-Prozess wegen den Toten im Mittelmeer kommen, wird er nicht sagen können, dass er nicht wusste, was sich dort abspielte", so Orlando.

Das Sterben im Mittelmeer geht weiter

Bei zwei Bootsunglücken im Mittelmeer sind mindestens 56 Menschen ums Leben gekommen, 117 Menschen wurden vermisst. Auf einem vor Libyen in Seenot geratenen Schlauchboot seien nach Angaben von drei Überlebenden ursprünglich 120 Menschen gewesen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Die italienische Marine hatte die drei Überlebenden sowie drei Leichen geborgen. Bei einem anderen Bootsunglück zwischen Marokko und Spanien starben laut UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR 53 Menschen.

Die vor der libyschen Küste Geretteten wurden mit Unterkühlung in ein Krankenhaus auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa gebracht. Sie seien traumatisiert und stünden unter Schock, erklärte die IOM. Sie gaben demnach an, etwa drei Stunden im Meer getrieben zu sein, bevor sie gerettet wurden. Ihren Schilderungen zufolge saßen an Bord des Schlauchboots 120 Menschen aus Nigeria, Kamerun, Gambia, Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) und dem Sudan, wie die IOM weiter mitteilte. 117 Menschen, darunter zehn Frauen und ein zehn Monate altes Baby, würden deshalb noch vermisst.

Vor der libyschen Küste: Geflüchtete in Seenot

Die italienische Marine hatte am Samstag nach der Rettungsaktion mitgeteilt, dass rund 15 Menschen vermisst würden. Ein italienisches Militärflugzeug habe ein "Schlauchboot mit 20 Menschen an Bord gesichtet", sagte Admiral Fabio Agostini in einem auf Twitter verbreiteten Fernsehinterview. Das Boot sei am Freitag vor der libyschen Küste in Seenot geraten. Ein Helikopter rettete demnach drei Flüchtlinge aus dem Wasser und von abgeworfenen Rettungsinseln. Zudem seien drei Leichen geborgen worden.

Der Rettungseinsatz wurde den Angaben zufolge mit den Behörden in Tripolis abgestimmt, die ein libysches Handelsschiff zum Unglücksort schickten. Die Besatzung habe aber "keine Spur" mehr von dem Schlauchboot gefunden, erklärte die italienische Küstenwache.Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch teilte unterdessen mit, 47 Migranten von einem aufblasbaren Boot gerettet zu haben. Es war zunächst aber unklar, ob es sich um dasselbe Schlauchboot handelte.

Flüchtlingskommissar will Tragödie stoppen

"Wir dürfen nicht zulassen, dass die Tragödie auf dem Mittelmeer weitergeht", erklärte UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi. Laut UNHCR kamen beim Untergang eines anderen Bootes im Alboran-Meer, dem westlichen Teil des Mittelmeers zwischen Spanien und Marokko, 53 Menschen ums Leben. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat wies zugleich darauf hin, dass es die Zahl der Opfer der beiden Bootsunglücke nicht verifizieren könne.

An Stränden nahe der libyschen Hafenstadt Sirte wurden zwischen dem 2. und 15. Jänner unterdessen 16 Leichen gefunden, wie ein Sprecher der Hilfsorganisation Roter Halbmond am Samstag sagte. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom Freitag sind in diesem Jahr schon mindestens 83 Menschen bei dem Versuch ums Leben gekommen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen.