Die französische Polizei hat den mutmaßlichen Attentäter von Straßburg nach Angaben aus Ermittlerkreisen erschossen. Cherif Chekatt wurde demnach am Donnerstagabend bei einer Razzia im Viertel Neudorf südöstlich des Straßburger Zentrums getötet. Der 29-Jährige habe das Feuer auf Polizisten eröffnet und sei dann von den Beamten erschossen worden, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Ermittlerkreisen.

700 Polizisten im Einsatz

Die französische Polizei war am Donnerstag mit 700 Polizisten im Einsatz, um den mutmaßlichen Attentäter Cherif Chekatt zu fassen. Außerdem hatte die Regierung die Soldaten im Anti-Terror-Einsatz verstärkt - die Armeeangehörigen der Operation Sentinelle (Wache) sollen die Sicherheit auf öffentlichen Plätzen und Weihnachtsmärkten im Land gewährleisten.

Der Attentäter hatte am Dienstagabend mitten in der Weihnachtssaison das Feuer in der Straßburger Innenstadt eröffnet. Zeugen haben ihn nach Angaben des Chefermittlers Remy Heitz "Allahu Akbar" ("Gott ist groß" auf Arabisch) rufen hören. Anschließend war er auf der Flucht vor der Polizei von Soldaten verletzt worden und schließlich spurlos verschwunden. Unklar war, ob er sich noch in der Elsass-Metropole nahe der deutschen Grenze aufhält.

Am Donnerstagnachmittag gab es einen größeren Polizeieinsatz im Straßburger Stadtteil Neudorf. Auf Fernsehbildern waren zahlreiche Einsatzfahrzeuge zu sehen. Der Anlass für die Aktion war zunächst unklar. In Neudorf unweit des Stadtzentrums hatte sich der mutmaßliche Täter unmittelbar nach dem Anschlag mit einem Taxi absetzen lassen und war danach verschwunden. In der Nähe befindet sich seine Wohnung, die zuvor durchsucht worden war.

Weiterer Verdächtiger festgenommen

Außerdem nahmen Ermittler einen weiteren Verdächtigen aus dem Umfeld des mutmaßlichen Attentäters in Gewahrsam. Er gehört nicht zur Familie Chekatts, bestätigte die Staatsanwaltschaft der dpa in Paris. Damit sind insgesamt fünf Verdächtige im Gewahrsam.

Die französische Polizei veröffentlichte am Mittwochabend ein Fahndungsfoto des radikalisierten Gefährders Chekatt samt Täterbeschreibung. Auch süddeutsche Bundespolizei-Stationen, das Bundeskriminalamt und die Schweizer Bundespolizei verbreiteten auf Twitter den Aufruf der Police Nationale. Die Polizei sucht Zeugen.

In dem Aufruf heißt es: "Der Mann ist gefährlich, bitte nicht selbst eingreifen." Der Gesuchte sei 29 Jahre alt, 1,80 Meter groß, habe kurze Haare, sei vielleicht Bartträger und habe eine Narbe auf der Stirn. Der mehrfach vorbestrafte mutmaßliche Angreifer soll sich im Gefängnis radikalisiert haben. Der gebürtige Straßburger mit nordafrikanischen Wurzeln saß wegen schweren Diebstahls auch in Deutschland in Haft.

Auch die deutschen Behörden haben sich in die Ermittlungen gegen Chekatt eingeschaltet. Die Bundesanwaltschaft leitete ein Verfahren gegen den Angreifer wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung ein, wie ein Sprecher der Behörde sagte.

"Hohe kriminelle Energie"

Deutsche Behörden hatten Chekatt bereits Ende 2016 eine "hohe kriminelle Energie" bescheinigt. Die Verurteilung wegen schwerer Einbrüche offenbare "eine von rücksichtslosem Profitstreben geprägte Persönlichkeitsstruktur" und lasse annehmen, dass er "in Zukunft Straftaten ähnlicher Art und Schwere begehen" werde. Das geht aus der Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg für die Abschiebung aus der Haft hervor. Die Abteilung für Bevölkerungsschutz des Regierungspräsidiums hatte auch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für Chekatt für die Dauer von zehn Jahren festgelegt.

Das RBB-Inforadio berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, Chekatt sei unmittelbar vor der Tat aus Deutschland angerufen worden. Er habe den Anruf jedoch nicht angenommen. Unklar sei, wer ihn angerufen habe und warum. Dieser Frage gehen deutsche Ermittler nun intensiv nach, wie der Sender weiter berichtete.

Unklar war außerdem, wann der geschlossene Straßburger Weihnachtsmarkt wiedereröffnet. Er war seit dem Anschlag am Dienstagabend geschlossen. Frankreichs Innenminister Christophe Castaner wollte am Abend in die Elsass-Metropole fahren und gemeinsam mit dem Bürgermeister die Lage bewerten.

Unter den Todesopfern ist ein 45 Jahre alter Tourist aus Thailand, wie das Außenministerium in Bangkok bestätigte. Nach französischen Medienberichten wurde außerdem ein Franzose getötet, der gerade vor einem Restaurant auf seine Familie wartete.

Viertes Opfer ist hirntot

Unter den Opfern ist außerdem ein Straßburger mit afghanischen Wurzeln. Die Moschee Eyyub Sultan de Strasbourg bestätigte der dpa, dass er in den kommenden Tagen beerdigt werde. Ein viertes Opfer ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft hirntot. Das bedeutet, dass die Funktionen des Gehirns unwiederbringlich ausgefallen sind. Die Atmung und der Herzschlag können künstlich aufrechterhalten werden.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach den Opfern und Familien am Donnerstag in Brüssel erneut die Solidarität der gesamten Nation aus. "Es war nicht nur Frankreich, das getroffen wurde - eine französische Stadt, unsere Bürger -, sondern es war genauso eine große europäische Stadt, die vor einigen Tagen tödlich getroffen wurde."

Weihnachtsmarkt am Freitag wieder geöffnet

Der traditionelle Weihnachtsmarkt im Herzen Straßburgs soll am Freitag wieder für Besucher geöffnet werden, wie der französische Innenminister Christophe Castaner am Donnerstagabend in der elsässischen Metropole ankündigte.

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