Rund eine Million Menschen haben ihre Häuser verlassen und leben als Binnenflüchtlinge. "Die Ursachen sind eine lang anhaltende Dürre und ethnische Konflikte", erläuterte Esther Watts, Länderdirektorin von Care Äthiopien, der APA.

Betroffen sind die Zonen Gedeo und West Guji östlich des Abaja Sees. Rund 500.000 Menschen waren bereits wegen eine lang anhaltenden Dürre auf der Flucht, als im April der Konflikt an der Grenze der beiden Zonen zwischen den Volksgruppen der Gedeo und der Oromo ausbrach. Nun sind rund eine Million Menschen auf der Flucht.

Kaum Spenden

"Das Problem ist, dass es kaum möglich ist, für diese Krise Spenden zu sammeln", sagte Watts, die dieser Tage in Wien weilt und am Dienstag mit der APA sprach. Die Krise ist bisher kaum in der Öffentlichkeit bekannt, weil die Konflikte in Syrien, Jemen und Myanmar die gesamte Aufmerksamkeit haben", erläuterte die Care-Expertin. "Ethnische Konflikte hat es immer gegeben. Aber speziell in den vergangenen beiden Jahren hat sich das Problem sehr verschärft." Im April brach in der Region dann offene Gewalt aus.

Watts beschrieb mehrere Probleme: Einerseits gibt es kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser, speziell für die Binnenflüchtlinge, die unter anderem in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Spitälern Zuflucht gefunden haben. Ein zweites ist die Mangelernährung, die speziell Mütter mit kleinen Kindern trifft. Auf die Dürre folgende heftige Regenfälle haben Teile der Ernte vernichtet. Dazu kommt, dass die vor der Gewalt Geflüchteten natürlich ihre Felder nicht bestellen können. Dabei wäre das gerade jetzt wichtig. Die Gegend ist Watts zufolge das Zentrum des Kaffeeanbaus in Äthiopien, und die Ernte der Bohnen steht unmittelbar bevor.

Vor allem Frauen in Gefahr

Das dritte Hauptproblem ist die Sicherheitslage. "Auch die Regierung ist sehr besorgt", sagte Watts. Vor allem Frauen sind in Gefahr. "Viele Frauen haben geschlechtsspezifische Gewalt erlitten", betonte Watts. Die äthiopische Gesellschaft sei ohnehin eine sehr patriarchale, was automatisch ein hohes Maß an geschlechtsspezifischer Gewalt bedeute. "Statistiken zufolge sagen 83 Prozent der äthiopischen Frauen, es sei verständlich, dass ihre Männer sie schlagen, wenn sie das Essen verbrennen lassen", so Watts.

In den Regionen Gedeo und West Guji komme im Fall der Binnenflüchtlinge dazu, dass es praktisch keine Privatsphäre gebe, was die Situation für Frauen und Mädchen noch gefährlicher mache. "Die Regierung unterstützt traditionelle friedensaufbauende Strukturen. Wir wären aber sehr darain interessiert, dass dabei Frauen, Jugendliche und Menschen mit Behinderungen stärker eingebunden wären", sagte Watts.

Neben der Verbesserung der Sicherheitssituation ist es zentral, die Trinkwasserlage weniger prekär zu machen. Die Care-Expertin warnte insbesondere vor dem Ausbruch von Krankheiten. "Es gibt ein großes Potenzial für den Ausbruch von Seuchen", warnte die NGO-Vertreterin.

Zur Bekämpfung der Krise wäre nicht einmal so viel Geld notwendig: Laut Care würden fünf Millionen US-Dollar genügen, um 150.000 Binnenflüchtlingen in den nächsten sechs Monaten zu helfen. "Wir waren aber nicht in der Lage, eine Summe zu sammeln, die auch nur in die Nähe dieses Betrages kommt", räumte Watts ein.