Ermittler in Sachsen haben ein europaweites Netzwerk von Cyberkriminellen aufgedeckt. Den derzeit 15 Beschuldigten wird vorgeworfen, durch betrügerische Online-Bestellungen Waren im Wert von mehr als 18 Millionen Euro ergaunert zu haben, teilten das Landeskriminalamt Sachsen (LKA) und die federführende Staatsanwaltschaft Dresden am Freitag mit.

Mitte Juni wurden demnach in Deutschland sowie in Estland, Lettland, Litauen, der Schweiz, Zypern, Großbritannien, in Finnland und in der Ukraine 31 Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht. Der mutmaßliche Chef der Bande, ein Mann mit russischem und moldawischem Pass, wurde in Zypern festgenommen. Zudem gab es Haftbefehle gegen drei weitere Beteiligte. Ihnen wird Hehlerei, Geldwäsche und Computerbetrug vorgeworfen. Österreich war bei dieser Aktion laut sächsischem Landeskriminalamt nicht dabei. Die Ermittler wiesen allerdings darauf hin, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien und daher noch Fakten in Österreich auftauchen könnten.

Auf der untersten Stufe des "Geschäftsmodells" stehen sogenannte Warenagenten, die via Online-Anzeigen als "Logistik-Assistent", "Paketmanager" oder "Versandmitarbeiter" geworben werden. Laut LKA gehen oft Geringverdiener und Studenten auf die Offerten ein, weil ein Nebenverdienst von bis zu 1500 Euro versprochen wird. An ihre Adresse gehen Online-Bestellungen, die zuvor mit kriminell erlangten Kreditkartendaten bei Händlern bestellt wurden.

"Warenagent" hat sich selbst angezeigt

Der "Warenagent" packt die Ware um und schickt sie an eine Adresse ins Ausland, häufig nach Osteuropa. Dort werden die Produkte - etwa hochwertige Elektronik - über Internetplattformen oder Händler vertrieben. Die "Warenagenten" gehen meist leer aus, weil sie von der Spitze des Netzwerks geprellt werden, machen sich aber durch ihr Tun strafbar.

Bei dem jetzt ermittelten Fall organisierter Kriminalität hatte ein Mann aus München 2012 den Stein ins Rollen gebracht - durch eine Selbstanzeige. Er war als "Warenagent" tätig gewesen. 2015 stieß das LKA Sachsen dann auf bandenmäßige Strukturen. Die Täter agierten mit Spitznamen und verschlüsselten Zugängen zum Netz. Im aktuellen Fall wurden seit 2012 rund 36.000 Pakete im Wert von jeweils etwa 500 Euro ins Ausland versandt.