Noch immer gehen die Wogen hoch, wenn es um die Frage geht, wer jene Flüchtlinge aufnimmt, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. In den vergangenen Tagen ist zwischen Italien und Malta ein heftiger Streit darüber entbrannt. Im Fokus stehen derzeit 450 Flüchtlinge. Das von Libyen abgefahrene zweistöckige Fischerboot hatte in der Nacht auf Samstag Lampedusa erreicht und seine Fahrt in Richtung Sizilien fortgesetzt. Mittlerweile wurden 50 der 450 Betroffenen an Bord von zwei Schiffen der italienischen Küstenwache genommen,  vier Personen wurden ins Spital gebracht.

Wenig später schloß jedoch Italiens Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini die Aufnahme der Flüchtlinge aus. Bei einem Gespräch mit Premier Giuseppe Conte drängte Salvini, dass die beiden Schiffe die Migranten nach Libyen oder Malta bringen. Bereits am Freitag kritisierte er, dass Malta dem von Libyen abgefahrenem Schiff keine Unterstützung angedeihen ließ, während es in maltesischen Gewässern unterwegs war. In einem Facebook-Eintrag schärfte er später nochmals nach: "Malta, die Schlepper und Gutmenschen in Italien und auf der ganzen Welt sollen wissen, dass dieses Schiff keinen italienischen Hafen erreichen darf. Italien hat schon genug geleistet."

Die Regierung in Valetta erwiderte am Freitagabend, das Schiff befände sich näher an italienischem als an maltesischem Staatsgebiet. Noch unklar ist, wer das Schiff steuert. An Bord sollen sich auch Minderjährige befinden.

Niemand fühlt sich zuständig

Italien hat Hilfsorganisationen die Einfahrt in die Häfen des Landes verwehrt. Auch die Insel Malta sieht sich nicht für die Aufnahme zuständig. Die beiden südeuropäischen Staaten haben in den vergangenen Wochen wiederholt über die Zuständigkeit für Flüchtlingsschiffe gestritten. Die von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega gebildete Regierung verfolgt einen strikten Kurs gegen die Aufnahme von Flüchtlingen.

Kirche kritisiert Regierung

Siziliens Bischöfe haben die Schließung italienischer Häfen für Schiffe mit geretteten Migranten indes erneut verurteilt. "Hier stehen Menschenleben auf dem Spiel und die Würde des Landes", sagte der Bischof von Trapani, Pietro Maria Fragnelli, laut der italienischen Tageszeitung "Avvenire" (Samstag). Der Erzbischof von Palermo, Corrado Lefice, betonte die Aufnahme von Migranten müsse europaweit geregelt werden, "aber dennoch darf man keine Häfen schließen und Menschen auf dem Meer treiben lassen". Die Bischöfe sprachen sich erneut für eine Willkommenskultur aus.

Der italienische Ordensmann Alex Zanotelli rief die katholische Kirche seines Landes angesichts der aktuellen Lage zu friedlichem Widerstand "wie Jesus ihn lehrte" auf. Gebete seien wichtig, reichten jedoch nicht aus: "Mit Klugheit müssen wir zivilen Ungehorsam organisieren, wenn dies hilft, Menschenleben zu retten", sagte der Comboni-Missionar dem "Avvenire". Konkret forderte er Kirchenasyl für alle, "denen eine Abschiebung in Länder droht, in denen sie ihr Leben riskieren". Der Ordensmann hatte am Dienstag einen Hungerstreik gegen die abschottende Migrationspolitik Salvinis von der rechtsgerichteten "Lega" initiiert.