Im Vatikan ist erstmals ein katholischer Geistlicher im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch verurteilt worden. Das Gericht des Vatikanstaates verhängte am Samstag gegen den ehemaligen Diplomaten Carlo Alberto Capella eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und eine Geldstrafe von 5.000 Euro. Die Richter befanden ihn des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie für schuldig.

Die Anklage hatte nach zwei Prozesstagen fünf Jahre und neun Monate sowie 10.000 Euro Strafe gefordert. Am Freitag hatte Capella ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er habe seit seiner Versetzung in die USA 2016 eine innere Krise durchlebt, sagte er laut vatikanischer Medienplattform Vaticannews.

Der frühere Mitarbeiter der Nuntiatur in Washington hatte demnach während eines Urlaubs in Kanada Material heruntergeladen und weitergegeben. Über seinen Computer seien die Filme und Fotos auch auf einem Cloud-Server in den USA gelandet, wodurch die Behörden auf ihn aufmerksam wurden. Nach Hinweisen aus den USA und Kanada habe der Vatikan Capella um September 2017 aus dem diplomatischen Dienst abgezogen, im April kam er in Untersuchungshaft.

Obwohl sich das Material auf einem Cloud-Server in den USA befand und ein Haftbefehl aus Kanada vorliegt, wurde das Verfahren laut Vaticannews im Vatikan geführt, weil Capella die ihm vorgeworfenen Taten als Amtsträger des Heiligen Stuhls begangen habe. Es sei noch unklar, wo er seine Haftstrafe absitzen werde.

Die katholische Kirche macht seit Jahren mit Skandalen um pädophile Geistliche Schlagzeilen. 2015 sollte sich der frühere Nuntius in der Dominikanischen Republik, Jozef Wesolowski, vor dem Vatikan-Gericht verantworten. Der Prozessbeginn wurde wegen Krankheit vertagt, kurz darauf starb der Angeklagte.

In seiner Heimat Australien muss sich demnächst der Kurienkardinal George Pell wegen Missbrauchsvorwürfen verantworten. Sein Amt als Finanzchef des Vatikans lässt er deshalb ruhen.

Papst Franziskus hat immer wieder erklärt, bei Missbrauch wie sein Vorgänger Benedikt XVI. ein "Null-Toleranz-Prinzip" zu verfolgen. Bei seiner Chile-Reise im Jänner hatte der Pontifex aber einen Eklat ausgelöst, als er einen dort im Zuge eines Skandals beschuldigten Bischof in Schutz nahm. Später bat er um Verzeihung und gestand ein, die Lage falsch eingeschätzt zu haben.