Das anhaltende Winterwetter in Europa führt zunehmend zu Verkehrsproblemen: Die eigentlich Schnee gewohnten Schweizer sind in Genf und anderswo vom späten Wintereinbruch überrascht worden. Nach den ersten anhaltenden Schneefällen dieser Wintersaison kapitulierte der Flughafen und sagte am Donnerstagmorgen zunächst sämtliche Flüge ab.Passagiere seien aufgefordert, vorerst nicht zum Flughafen zu kommen.

"Liebe Follower. Ja, auch wir sind überrascht, dass es so verbreitet schneit", schrieb der Wetterdienst des Senders SRF auf Twitter. Schneechaos gab es nicht nur in Genf, wo nach schneereicher Nacht rund zwölf Zentimeter Schnee lagen. Auch in Zürich und anderswo blieben Autos liegen, der Berufsverkehr stoppte und Busse und Straßenbahnen stellten den Dienst ein. Im Bahnverkehr kam es zu Verspätungen. Der Schnee habe Fahrleitungen beschädigt, manche Weichenheizungen seien defekt, teilte die Bahn (SBB) mit.

Am Flughafen Genf habe es viel Schnee in so kurzer Zeit seit fünf, sechs Jahren nicht mehr gegeben, sagte eine Sprecherin. Die Räumfahrzeuge seien nicht nachgekommen. Am Vormittag ließ der Schneefall nach und der Flughafen öffnete wieder, "trotz der ungünstigen Wetterverhältnisse", hieß es auf der Website.

Weite Teile Europas sind derzeit von heftigen Schneefällen und eisigen Temperaturen betroffen. In der Schweiz sanken die Temperaturen in den vergangenen Tagen auf knapp minus 40 Grad Celsius in höheren Lagen. Auch im Zugverkehr gab es in der Schweiz am Donnerstag Verspätungen, auf den Straßen gab es zahlreiche Unfälle.

Auch in Großbritannien gab es wegen des Winterwetters Einschränkungen im Flugverkehr. An vielen Flughäfen gab es Flugstreichungen und -verspätungen, die Airports im schottischen Glasgow und in Edinburgh wurden bis Donnerstagmittag komplett geschlossen. Die irische Billigfluglinie Ryanair strich alle Flüge von und nach Dublin.

Selbst in Südeuropa herrschen derzeit winterliche Bedingungen. In Katalonien im Nordosten Spaniens steckten tausende Lastwagen fest.

Italien steht still

Nach Rom und Neapel ist auch Florenz am Donnerstag von einem Schneefall lahmgelegt worden. Alle Schulen und Kindergärten blieben geschlossen. 50 Prozent der regionalen Bahnverbindungen wurden gecancelt, was für erhebliche Probleme sorgte. In der Chianti-Gegend fielen circa fünf Zentimeter Schnee.

Auch in Turin, Genua, in der Erdbebenstadt L'Aquila und in mehreren Städten Venetiens, darunter Verona, Padua und Vicenza schneite es heftig. In der Apennin-Bergregion, wo auch vom Erdbeben zerstörte Städte wie Amatrice liegen, sollte es in der Nacht bis zu minus 20 Grad kalt werden.

Verkehrschaos in Südfrankreich

Schneefall hat in Teilen Südfrankreichs zu einem Verkehrschaos geführt und Hunderten Autofahrern eine harte Nacht beschert. In der Region Montpellier steckten auf der Autobahn zahlreiche Wagen über Nacht fest. Mehr als 1.500 Menschen wurden in der Nacht auf Donnerstag in Notunterkünften beherbergt. Andere mussten aber in ihren Fahrzeugen ausharren.

Ein Journalist der französischen Zeitung "La Provence", der seit Mittwochnachmittag mit seinen zwei kleinen Kindern bei Montpellier festsaß, sprach von einem "reinsten Albtraum". "Immer noch blockiert. Ohne Info. 300 Meter in 21 Stunden geschafft", schrieb er auf Twitter. Erst am Donnerstagnachmittag meldete er, dass nun versucht werde, die festsitzenden Autos von der Straße zu holen.

Nach Angaben des Autobahnbetreibers Vinci wurden auch Busse geschickt, um die auf der Autobahn 9 festsitzenden Menschen abzuholen. 100 bis 150 Fahrzeuge waren dort am Nachmittag noch blockiert, wie der Sender BFMTV unter Berufung auf den Präfekten Pierre Pouessel berichtete.

So viel Schnee sei in Montpellier seit mindestens 30 Jahren nicht mehr gefallen, sagte Pouessel. Zudem hätten sich einige Lastwagenfahrer nicht an das verhängte Fahrverbot gehalten. Der französische Wetterdienst hatte im Raum Montpellier 20 bis 30 Zentimeter Schnee gemessen.

Die französische Hauptstadt Paris zeigte sich am Donnerstagmorgen ebenfalls in Weiß, hier lag aber nur eine dünne Schneedecke. Die Polizei empfahl dennoch, die Autos stehen zu lassen und lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Der Eiffelturm blieb wegen des Winterwetters bis zum Nachmittag für Besucher geschlossen.

Gefahr für Obdachlose

Angesichts der Eiseskälte wuchs die Gefahr für Obdachlose. Mehrere Städte, darunter Mailand und Rom, stellten zusätzliche Betten in Notunterkünften bereit. Der Mailänder Bürgermeister Beppe Sala appellierte an die Obdachlosen in seiner Stadt, angesichts der niedrigen nächtlichen Temperaturen die von der Gemeinde und der Caritas zur Verfügung gestellten Unterkünfte aufzusuchen. Viele Obdachlose würden sich jedoch weigern, in Herbergen zu übernachten. Am Dienstag war ein 47-jähriger Obdachloser tot aufgefunden worden.

Ganz Italien ist derzeit von einer ungewöhnlichen Kältewelle erfasst. Am Mittwoch hatte es auch in Venedig geschneit. Rom hatte bereits am Montag unter einer Schneedecke gelegen.

Mindestens acht Tote durch Dauerfrost in Tschechien

Der Dauerfrost der vergangenen Tage hat in Tschechien mindestens acht Menschen das Leben gekostet. Auch in der Nacht auf Donnerstag fielen die Temperaturen mancherorts wieder bis auf Werte unter minus 20 Grad. Die meisten der Kälteopfer waren Obdachlose, wie in Asch (As), der westlichsten Stadt Tschechiens, wo nach Angaben der Polizei ein 44-Jähriger tot in einem verlassenen Gebäude gefunden wurde.

Die Heilsarmee lobte eine "gewaltige Welle der Solidarität". In diesem Winter seien bereits mehr als 18.000 Gutscheine im Wert von umgerechnet rund vier Euro für eine Nacht im Warmen gespendet worden, teilte die christliche Hilfsorganisation mit. Nach einem Bericht der Zeitung "Pravo" aus Prag lehnen es dennoch viele Obdachlose ab, eine Notunterkunft aufzusuchen - zum Beispiel weil dort keine Hunde, aber auch kein Alkohol erlaubt sind.

Besonders tragisch war der Fall eines älteren Seniorenehepaars im Osten des Landes, das auf dem Nachhauseweg nach einer Feier erfror. Der 67-jährige Mann und die vier Jahre jüngere Frau hatten die drei Kilometer lange Strecke zu ihrem abgelegenen Haus zu Fuß gehen wollen. Die Polizei fand keine Hinweise auf eine Gewalttat. Der tschechische Wetterdienst (CHMU) hat noch bis zum Wochenende eine Unwetterwarnung vor extrem starkem Frost herausgegeben.