Der ehemalige Kapitän des am 13. Jänner 2012 havarierten Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia, Francesco Schettino, hat den Berufungsrichtern, die seinen Fall im Rahmen eines zweitinstanzlichen Verfahrens bewerten werden, ein Schreiben vorgelegt. Damit wolle er "den menschlichen Aspekt" seines Falls hervorheben, der seiner Ansicht nach bisher zu wenig berücksichtigt worden sei.

Seit dem Unglück habe ihn der Gedanke an die 32 Opfer nie verlassen. Für ihn gebe es keinen Frieden mehr. "Mein Leben ist an diesem Tag zu Ende gegangen. Wenn ich nicht befürchten würde, missverstanden zu werden, würde ich sagen, dass mein Leben mit jenem der 32 Todesopfer zu Ende gegangen ist", schrieb Schettino nach Angaben der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera".

Der 55-Jährige bezeichnete sich als Opfer einer "Situation des unbeschreibbaren Notstands", bei dem er von seinem Team nicht unterstützt worden sei, da dieses nicht genügend ausgebildet gewesen sei. "Ich beobachtete die auf der Seite liegende Costa Concordia vor mir, die einem verletzten Tier ähnelte. Ich hätte sie mit meinen Händen aufrichten wollen", schrieb Schettino.

Das havarierte Schiff vor der Insel Giglio
Das havarierte Schiff vor der Insel Giglio © dapd

Schettino war im Februar 2015 zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Sein Anwalt Saverio Senese klagte über "gravierende Fehler" im Urteil und legte Berufung ein. Für den Beginn des Berufungsprozesses in Florenz steht noch kein Termin fest. Senese forderte den Freispruch für seinen Mandanten, denn der Kapitän habe mit seinem Annäherungsmanöver vor der Insel Giglio eine noch größere Katastrophe verhindert.

Schettino schrieb an die Richter, er wolle beim Berufungsprozess nicht zu häufig erscheinen. "Meine Anwesenheit vor Gericht ist beim erstinstanzlichen Prozess falsch interpretiert worden", klagte der Ex-Kapitän.