Ob auf sozialen Medien, am Handy oder auf der Straße: "Buone vacanze!", "Schöne Ferien!" rufen einander derzeit Freunde, Bekannte und Nachbarn in Italien zu. Hier beginnt die Hauptferienzeit traditionell Anfang August. Doch der nach zwei Pandemie-Jahren erhoffte Aufschwung wird gebremst. "Wir sehen einen deutlichen Rückgang ausländischer, vor allem asiatischer Gäste", gibt Raffaella von der Frühstücks- und Aperitif-Bar Haiti in Arona am Lago Maggiore zu.

Bernabò Bocca, Präsident des italienischen Fremdenverkehrsverbandes, macht auch das Chaos an den internationalen Airports dafür verantwortlich. Auch die Mailänder, die traditionellen Wochenendgäste, bleiben aus. Teures Benzin und kräftig gestiegene Restaurant- und Hotelkosten spielen hier hinein. Dazu dann noch die Hitze und Dürre.

Die Lage ist schwierig

Obwohl 90 Prozent aller heimischen italienischen Urlauber ihre Ferien 2022 im eigenen Land planten, ist die Lage schwierig. Denn viele Italiener machen nun in den Sommermonaten überhaupt keinen Urlaub. Als Motiv werden vorwiegend finanzielle Gründe genannt. Der Fremdenverkehr zählt mit geschätzten Einnahmen von 32,6 Milliarden Euro zu den wichtigsten Einnahmequellen des Staates.

Die wochenlange Dürre hat nun aber auch fatale Folgen für die Landwirtschaft. Für Teile des Landes wurde ein Dürre-Notstand ausgerufen. Besonders drastisch ist die Situation in der Landwirtschaftsregion Nummer eins, der Po-Ebene. Hier bedroht die Trockenheit mehr als 30 Prozent der Agrarproduktion und 50 Prozent der Viehzucht. Renommierte Qualitätsprodukte, etwa der Parmaschinken oder der echte Parmesan-Käse mit dem "D.O.P."-Siegel, drohen Mangelware zu werden. Denn die für den Parmaschinken gezüchteten Schweine müssen mindestens 160 Kilo auf der Schlachtbank wiegen. Es darf nur ausgewählte Ernährung verfüttert werden, die Dürre macht aber die Beschaffung schwierig.

150 Liter Wasser pro Kuh

Beim Parmesan sieht die Situation ähnlich aus: Bis zu 150 Liter Wasser pro Tag muss eine Kuh trinken, damit ihre Milch zu hochwertigem Parmesan verarbeitet werden kann. Ada Giorgi von Parmigiano Reggiano: "Das Wasser fehlt nicht nur auf den Feldern, sondern auch in den Trinkbecken des Viehs. Die Situation ist bereits kritisch und droht schlimmer zu werden", sagt sie. Auch Italiens liebstes Nahrungsmittel, die Pasta, wird knapp. Die Hartweizen-Produktion ist bislang um ein Drittel zurückgefallen. Ernst sieht die Lage auch am Weinmarkt aus. In mehreren Regionen muss die Weinernte vorverlegt werden, da die Trauben in Gefahr sind, wegen der Dürre auszutrocknen.

Auch der jahrelange Siegeszug des bei Treviso angebauten "Prosecco Valdobbiadene" droht zu Ende zu gehen. Es wird 2022 nicht nur mit einem bis zu 20-prozentigen Produktions-, sondern auch mit einem Qualitätsverlust gerechnet.